Sehr stark!

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olesja schlethauer Avatar

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Zuerst dachte ich: ein neuer Glukhovsky, aber kein Sci-fi-Roman? Aber dieser Thriller-Drama-Roman hat mich überzeugt. Sehr emotional, stark, schonungslos! Und endet so, wie der enden muss. Es wird nochts beschönigt, hier gehört kein Happyend hin. Bravo!!!
Zum Inhalt: Ilja hat seine unverdiente 7jährige Strafe abgesessen und kehrt zu seiner alleinerziehenden Mutter zurück. Diese ist aber leider kurz vor seiner Heimreise verstorben. Nun bleibt Ilja mit nichts zurück und zwar ganz alleine. Vor sieben Jahren war seine Zukunft noch rosig und versprach viel, er war gerade mit Studium in Philologie fertig geworden und dann brach alles ab... Ihm wurden hinterlistig Drogen untergejubelt, er wurde festgenommen und musste für 7 Jahre hinter Gitter. Was für eine Zukunft hat er jetzt? Steht vor ausgeraubter Mutterswohnung, ist ganz alleine, ohne Geld, ohne Arbeit, ohne weitere Verwandte. Vodka ist in dem Moment die beste Lösung, klar. Machtlos und orientierungslos sucht Ilja als erstes den Menschen auf, der ihn damals verhaftet hat und ihm somit die Zukunft geraubt hat. Er töten den und nimmt ihm in der Affektsituation sein Handy ab. Was nun? Wer war dieser Mensch überhaupt? Ilja erkundet sein Leben anhand des Handys und taucht um so mehr in das fremde Leben ein, beginnt mit der Freundin des Ermordeten und mit seiner Mutter per Text zu kommunizieren.
Das Hauptthema des Buches ist tatsächlich das Handy. Heutzutage sind unsere Handys das kleine bei manchen sogar das große zweite Leben. Es wird alles dort abgelegt. Fotos gespeichert, Unterhaltungen bleiben in den Apps drin, E-Mails etc. Wie leicht ist es eine andere Identität anzunehmen, wenn man nur das Handy von dem anderen hat? Sehr leicht... Keiner von uns hinterfragt, von wem eine WhatsAppNachricht kommt, denn die Person ist ja abgepeichert. Dass diese Nachricht von jemand anderem mit dem Handy geschrieben wird, kommt uns nicht in den Sinn.
Dass diese Handlung natürlich in Russland spielt, ist klar, denn die wurde ja auch von einem russischen Autor geschrieben. Dass genau so eine Geschichte tatsächlich auch in Russland möglich passieren könnte, ist wirklich glaubhaft. Glukhovsky beschreibt Russland/ Moskau sehr schonungslos und dafür sehr real. Es hilft natürlich bzw. ich würde behaupten, dass es einfacher und interessanter ist das Buch zu lesen, wenn man einen russischen Hintergrund hat. Wäre die gleiche Geschichte einem Ilja in Deutschland passiert? Wohl kaum...
Deshalb nochmal: BRAVO!