Spannende Idee, Umsetzung hat ein bisschen gehapert

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lealein1906 Avatar

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„Text“ ist kein schlechtes Buch, konnte mich aber auch nicht ganz überzeugen. Auf jeden Fall bekommt man aber einen tollen Einblick in Russland und auch auf die spannende Frage, was Menschen wirklich ausmacht.
Ilja ist gerade aus dem Gefängnis gekommen. Daraufhin erfährt er, dass seine Mutter nur kurz davor gestorben ist. Durch die Trauer überwältigt, tötet er den Mann, der ihn ungerechtfertigt ins Gefängnis gebracht hat und nimmt sein Handy an sich. Nach und nach übernimmt er dessen Identität, gräbt sich in sein Leben ein und versucht Freunde, Kollegen und Familie im Spiel zu halten.
Die Idee zu dem Buch fand ich sehr spannend und der Vorgang, wie Ilja sich in Petjas Chats und Mails vertieft und so immer mehr über dessen Leben erfährt ist wirklich gut gemacht und zieht in den Bann. Diese Abschnitte haben viel Spaß zum Lesen gemacht. Trotzdem zieht sich der Roman sehr lange hin, war für mich auch zäh zu lesen. Die Seiten fliegen einfach nicht dahin, wie ich das von anderen Büchern kenne. Da hätten es vielleicht 100 Seiten weniger auch getan.
Die Langwierigkeit könnte auch damit zu tun haben, dass ich nicht so recht einen klaren Schreibstil erkennen konnte. Es ist irgendwie eine Mischung aus Jugendroman (vor allem die Abschnitte mit dem Handy) und dann kommen auf einmal ganz literarischen Ansätze, wenn zum Beispiel Szenen beschrieben werden. Das hat meiner Meinung nach nicht so ganz zusammengepasst. Zwiespältig bin ich auch immer noch über die Chat-Abschnitte: einerseits war es cool, dass sie so lebendig gemacht wurden, sodass man wirklich das Gefühl hatte ein Gespräch zu lesen. Andererseits waren die Widergaben von Emotionen wie „er brüllte“ verwirrend, weil man sich fragt, wie Ilja das so daraus lesen kann.
Fazit: Trotz großer Spannung war das Buch für mich kein Thriller. Die Idee war wirklich überzeugend, die Umsetzung hätte in meinen Augen noch besser sein können. Trotzdem hat mir das Buch auf seine Weise gefallen, deswegen drei Sterne.