Countdown zur Katastrophe

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wallerie0 Avatar

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Evie ist eine Suchende. Sie ist, wie jeder Heranwachsende auf der Suche nach sich selbst und nach Gemeinschaft. In anderen versucht sie sich zu erkennen aber vor allem sucht sie danach, von anderen erkannt und anerkannt zu werden. Es ist wie der Griff nach einem Seilende, bei dessen Zugriff sie mitgezogen, ja, zu etwas hingezogen wird. Eine an sich gefährliche Lebensphase der Orientierung von noch unfertigen aber doch so lebenshungrigen Jugendlichen. Ein Leichtes, das zu verstehen, wenn man an seine eigene Jugend denkt. Evie führt bis dahin ein eher kleines Leben, ist unscheinbar und unsichtbar. Lebensfreude kann sie nicht recht fühlen. Viel mit sich selbst ausmachend, bleibt sie für sich. Niemand ahnt, worüber sie sich so alles Gedanken macht. Obwohl sie viel reflektiert und sich Fragen stellt, bleibt dies durch ihr Schweigen unbemerkt, sodass keiner etwas „gerade rücken“ könnte. Weder Fisch noch Fleisch, zwischen Hadern und Bedürftigkeit. Noch ist alles normal, noch kann man dem Mädchen folgen. Doch es wird der Punkt kommen, an dem man fassungslos zurückbleibt. Schreckliche Dinge geschehen. Das schockiert. Und nicht minder schockierter ist man, wenn man ihren Beschreibungen lauscht. Sie war mit dabei und steht doch im Nachhinein nur erzählend dabei.
Abgestumpftheit schlägt dem Zuhörer entgegen. Borsody liest die unvorstellbaren Ereignisse, diesen Countdown zur Katastrophe, so, als handele es sich um Alltäglichkeiten potenziert dadurch gekonnt die Beklemmung und bestürzende Vorahnung beim Hörer. Die Handlung wird von zwei Seiten aus erzählt. Die junge Evie wechselt sich mit der älter gewordenen Evie ab. Das Davor und das Danach kommen unaufhaltsam aufeinander zu. Vieles wird dabei in Frage gestellt; der freie Wille, die Verantwortung für sich und andere und die vermeintliche Schuldlosigkeit derer, die daneben standen. Wer einmal durch die beschriebene „Tür“ gegangen ist, scheint niemals wieder ganz zurück zu kommen, selbst, wenn er es denn möchte. Das merkt man auch der Hauptfigur deutlich an. Eine sehr persönliche Analyse, die nachdenklich macht, den Hörer vielleicht sogar verstört zurück lässt oder schlimmstenfalls fasziniert. Weiß man selbst wirklich so genau, was für ein Mensch man ist? Wogegen ist jeder einzelne von uns tatsächlich immun oder leicht empfänglich? Das Schicksal selbst in die Hand nehmen oder ihm seinen Lauf lassen – was liegt wirklich dazwischen?