Leben am Abgrund

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elohym78 Avatar

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Evie Boyd ist eine typische Jugendliche: Ihre Eltern haben sich getrennt und sind mehr mit sich selber beschäftigt, als mit ihrer Tochter, die sich mehr und mehr zurückzieht. Ihr Vater hat eine neue Freundin und auch ihre Mutter ist auf der Suche nach einem neuen Mann an ihrer Seite, die Evie alle nicht gefallen. Ihre beste Freundin Connie, wendet sich von ihr ab und so ist Evie auf der Suche nach Anerkennung.
Diese findet sie bei den Mitgliedern einer Sekte, die auf einer Ranch leben. Angefixt von Suzanne, einer jungen Frau, die Evie fasziniert und in ihren Bann zieht. Suzanne ist eine Art Vorbild für sie, die sie nicht nur in die Welt der Drogen, der Kriminalität und des Sex einführt, sondern auch ihr Weltbild maßgeblich beeinflusst.

Das Cover zeigt das intensiv blickende Auge einer jungen Frau. Die Wimpern sind stark getuscht und verklebt. Auf mich wirkt der Blick auf der einen Seite billig und auf der anderen stark und berührend. Eine Mischung, die mich zusammen mit dem Klapptext zu diesem Buch haben greifen lassen.

Ich hatte mich sehr auf das Buch von Emma Cline gefreut. Sprach es doch von Intensität, Suche nach sich selber und Spannung. All dies habe ich auch in dem Buch gefunden, aber leider weniger intensiv als gedacht. Cline lässt die Handlung Ende der sechziger Jahre spielen, mitten in der Hochzeit von Sex, Drugs and Rock 'n Roll. Aber auch des Plastikwahns; ich fand es sehr amüsant zu lesen von den Klamotten und den anderen Sachen, die gerade in Mode waren. Das fand ich sehr gut von der Autorin umgesetzt und gab einen tollen Rahmen für die Handlung des Buches. Nicht nur für die Handlung an sich, sondern auch, um die Menschen zu verstehen, die damals lebten. Ich denke, dass viele zwar von der Zeit hörten, aber sie nicht direkt erlebt haben. Und gerade für diese Leser war es sehr wichtig zu schildern, wie es war, was die Menschen antrieb und bewegte.
Eingebettet in die Zeit wird es vielleicht etwas verständlich, wie junge Menschen in eine der vielen Sekten abrutschen können, die wie Pilze aus dem Boden schießen. In eine Sekte, die die eigenen Wünsche komplett zurückstellt und der man alles geben muss. Sich selbst genauso, wie die innere Einstellung und Überzeugung. Traurig, erschreckend und auch bewegend. Allerdings fehlt mir persönlich total die Möglichkeit und auch die Einstellung, das nachzuvollziehen, denn wie man sich in so einem Müllberg, in so einem Elend und in so einer Armut wirklich wohlfühlen kann, dort leben möchte und das sogar nach außen vertritt, ist für mich schleierhaft. Das kann nicht alles nur an Drogen liegen. Mich persönlich konnte die Autorin nicht abholen und in die Handlung hineinziehen.

Im Mittelpunkt steht die vierzehn Jahre alte Evie Boyd, die nach der Trennung ihrer Eltern auf der Suche nach sich selber ist. Ich denke nicht, dass sie aufgrund der Trennung diesen Weg eingeschlagen hat, sondern einfach wegen ihrer Jugend, weil sie Zeit in den Ferien hatte, probieren wollte und sich eben so leicht verführen ließ, wie dass sie es auch selber wollte. Vielleicht erschien mir das auch nur so, da Evie diese Episode ihres Lebens rückblickend aus der heutigen Zeit erzählte und direkt klar ist, dass sie aus der Nummer rauskommt.
Die Mitglieder der Sekte werden in meinen Augen gar nicht mal als so böse dargestellt, oder als die üblen Verführer, mit denen ich gerechnet hatte. Hier hätte ich mir mehr Tiefgang gewünscht, mehr Intensität, denn ich konnte mich nicht recht fallen lassen und in die Geschichte aufgehen.

Mein Fazit
Für mich hätte es mehr Tiefgang sein können.