Es hätte so gut werden können

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darcy Avatar

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Die Idee ist wirklich gut. Zwei 12jährige Mädchen werden entführt - wobei entführt irgendwie das falsche Wort ist. Bereitwillig steigen sie in den Wagen des gutaussehenden und sympathischen Fremden. Das ganze erscheint ihnen eher wie ein Abenteuer. Endlich passiert ihnen etwas außergewöhnliches. Sie fühlen sich eher erwählt als entführt. Ihr Entführer ist tatsächlich anders als die meisten Entführer. Offenbar will er auch etwas ganz anderes. Aber sie werden gefunden und befreit. Und danach verbieten ihre Eltern Carly May und Lois den Kontakt zueinander. Aber auch eine Entführung, die gar nicht so schlimm war, bleibt nicht ohne Folgen.

Im Erwachsenenalter hat Lois unter falschem Namen einen Roman über die Entführung geschrieben. Und ausgerechnet Carly May, inzwischen Schauspielerin, soll darin eine Rolle übernehmen. Natürlich ist Carly May klar, wer hinter dem Autorenpseudonym steckt. Sie findet, das ist eine Gelegenheit, Lois wiederzusehen. Lois hingegen arbeitet daran, ein Nachfolgebuch zu schreiben. Leider lässt sie ihre Fantasie im Stich. Ihr erstes Buch beruhte schließlich auf realen Erlebnissen. So erschafft sie sich, angeregt durch einen Stalker, neue Erlebnisse, die sie zu einem Buch verarbeiten will. In der irrigen Annahme, das sie die völlige Kontrolle über die Dinge hat, läuft die Sache aber etwas aus dem Ruder. Diese Storyline um Lois soll uns Lesern wohl klar machen, wie geprägt sie von ihrem Erlebnis ist, ist aber eigentlich ziemlich wirr.

Das hätte so ein gutes Buch werden können. 2 Frauen, die als Kinder zusammen 6 Wochen in einer Hütte mit ihrem Entführer lebten, gerettet wurden und doch Verletzungen ganz eigener Art davongetragen haben und die ihr Leben als Erwachsene nachhaltig prägt. Aber leider gelingt es der Autorin nicht, das ganze stimmig und spannend umzusetzen. Zuerst fand ihre ihren Schreibstil noch ganz angenehm, aber schon bald wird dieser ruhige und unaufgeregte Schreibweise langweilig und fad. Beide Frauen sind nicht besonders sympathisch. Beide sind narzisstisch und kreisen nur um ihren eigenen Bauchnabel. Die Entführung hat sie eher darin bestärkt, sie aber auch beide extrem neurotisch werden lassen. Die Sache, was in der Hütte geschah, was die beiden Mädchen dort hielt und sie als Erwachsene immer noch gefangen hält, bleibt lange im Dunklen bzw wird nicht richtig erhellt. Aber selbst darauf wartet man nicht mit Spannung. Vor allem der Teil in der Mitte, der aus Lois Buch ist und die beiden Mädchen in der Hütte mit ihrem Entführer zeigt, ist extrem langweilig und auch unerhellend. Die ganze Geschichte ist völlig überraschungsbefreit. Etwas schwer greifbares ist dort passiert und die Frauen können es selber nicht in Worte fassen. Nur kann es leider die Autorin auch nicht.