Das Haus der Geschichte
In “Torstraße 1”, ihrem zweiten Roman, zeichnet Sybil Volks die wechselvolle Geschichte eines Hauses an der Kreuzung zwischen Torstraße und Prenzlauer Allee im Osten von Berlin nach. Der Roman setzt mit der Eröffnung des Kreditkaufhauses Jonass im Jahr 1929 ein und endet achtzig Jahre später, als in diesem geschichtsträchtigen Gebäude der private Soho Club Berlin eröffnet wird, nachdem es zwischenzeitlich die Zentrale der Reichsjugend und später zu SED-Zeiten das Institut für Marxismus-Leninismus war, bis es nach 15jährigem Leerstand und Verkauf seiner neuen Verwendung zugeführt wurde. Das markante Gebäude “wie ein Schiff…, bereit zum Ablegen” (S. 7) steht im Mittelpunkt des Romans und ist ebenso wichtig wie die menschlichen Protagonisten.
Am Eröffnungstag des Kaufhauses im Juni 1929 hilft die hochschwangere junge Angestellte Vicky Springer bei der Feier aus, doch dann setzen die Wehen ein, und sie bekommt auf einem Packtisch der Poststelle ihr Kind. Bei der Geburt helfen eine alte Frau und der zufällig anwesende Zimmermann Wilhelm Glaser, der nicht wissen kann, dass seine Frau Martha zur gleichen Stunde zu Hause Sohn Bernhard zur Welt bringt. Der Vater von Vickys Tochter Elsa ist Harry Grünberg, der Sohn ihres Arbeitgebers Heinrich Grünberg. Niemand darf von dieser Beziehung wissen, denn Harrys Mutter Alice würde niemals eine mittellose, nichtjüdische Schwiegertochter akzeptieren. Harry unterstützt Vicky finanziell, so weit es ihm möglich ist. Ansonsten findet Vicky nur Hilfe bei ihrer besten Freundin Elsie und der alten Jüdin Chaja, die ihr Kind betreut, wenn sie arbeitet.
Schon bald brechen für alle Beteiligten schwere Zeiten an. Die Weltwirtschaftskrise und der aufkommende Nationalsozialismus bringen das Kaufhaus und die jüdische Bevölkerung in Schwierigkeiten. Die Grünbergs werden schon wenige Jahre später Zug um Zug enteignet und emigrieren in die USA. Vicky tut alles, um ihr halbjüdisches Kind zu schützen. Dann kommen die schweren Kriegsjahre, die Blockade, der Mauerbau, der Zusammenbruch der DDR.
Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse erzählt Sybil Volks die Geschichte zweier Familien über vier Generationen. Es ist Vickys und Elsas Geschichte sowie die ihrer Kinder und Enkel und die Geschichte der Glasers. Seit ihrer Geburt existiert ein starkes Band zwischen Elsa Springer und Bernhard Glaser. Als Kinder sind sie unzertrennlich, und auch als Erwachsene verlieren sie sich nie aus den Augen. Auch die Mauer kann in fast dreißig Jahren die enge Verbindung nicht trennen, selbst wenn sie sich nicht sehen und nur durch geschmuggelte Briefe und gelegentliche Besuche Elsas im Osten der Stadt Kontakt halten. Dieser fiktive Teil des Romans ist eingebettet in den gut recherchierten historischen Kontext.
Erzählt wird aus wechselnder Perspektive, einsetzend mit einem Prolog, in dem die 80jährige Elsa sich mit Hilfe eines jungen Amerikaners Einlass zur Eröffnungsparty des Soho House Berlin verschafft - in der Hoffnung Bernhard, das andere Geburtstagskind zu treffen und vielleicht am Ende ihres Lebens mit dem Menschen zusammenzukommen, der ihr immer am wichtigsten war.
Sybil Volks ist mit diesem Roman eine faszinierende Geschichtsstunde gelungen. Der Roman berührt durch das Porträt einer lebenslangen Bindung, der weder Krieg, noch jahrelange Trennung oder das Leben in unterschiedlichen politischen Systemen etwas anhaben können. Ich empfehle ihn vor allem geschichtlich interessierten Lesern.
Am Eröffnungstag des Kaufhauses im Juni 1929 hilft die hochschwangere junge Angestellte Vicky Springer bei der Feier aus, doch dann setzen die Wehen ein, und sie bekommt auf einem Packtisch der Poststelle ihr Kind. Bei der Geburt helfen eine alte Frau und der zufällig anwesende Zimmermann Wilhelm Glaser, der nicht wissen kann, dass seine Frau Martha zur gleichen Stunde zu Hause Sohn Bernhard zur Welt bringt. Der Vater von Vickys Tochter Elsa ist Harry Grünberg, der Sohn ihres Arbeitgebers Heinrich Grünberg. Niemand darf von dieser Beziehung wissen, denn Harrys Mutter Alice würde niemals eine mittellose, nichtjüdische Schwiegertochter akzeptieren. Harry unterstützt Vicky finanziell, so weit es ihm möglich ist. Ansonsten findet Vicky nur Hilfe bei ihrer besten Freundin Elsie und der alten Jüdin Chaja, die ihr Kind betreut, wenn sie arbeitet.
Schon bald brechen für alle Beteiligten schwere Zeiten an. Die Weltwirtschaftskrise und der aufkommende Nationalsozialismus bringen das Kaufhaus und die jüdische Bevölkerung in Schwierigkeiten. Die Grünbergs werden schon wenige Jahre später Zug um Zug enteignet und emigrieren in die USA. Vicky tut alles, um ihr halbjüdisches Kind zu schützen. Dann kommen die schweren Kriegsjahre, die Blockade, der Mauerbau, der Zusammenbruch der DDR.
Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse erzählt Sybil Volks die Geschichte zweier Familien über vier Generationen. Es ist Vickys und Elsas Geschichte sowie die ihrer Kinder und Enkel und die Geschichte der Glasers. Seit ihrer Geburt existiert ein starkes Band zwischen Elsa Springer und Bernhard Glaser. Als Kinder sind sie unzertrennlich, und auch als Erwachsene verlieren sie sich nie aus den Augen. Auch die Mauer kann in fast dreißig Jahren die enge Verbindung nicht trennen, selbst wenn sie sich nicht sehen und nur durch geschmuggelte Briefe und gelegentliche Besuche Elsas im Osten der Stadt Kontakt halten. Dieser fiktive Teil des Romans ist eingebettet in den gut recherchierten historischen Kontext.
Erzählt wird aus wechselnder Perspektive, einsetzend mit einem Prolog, in dem die 80jährige Elsa sich mit Hilfe eines jungen Amerikaners Einlass zur Eröffnungsparty des Soho House Berlin verschafft - in der Hoffnung Bernhard, das andere Geburtstagskind zu treffen und vielleicht am Ende ihres Lebens mit dem Menschen zusammenzukommen, der ihr immer am wichtigsten war.
Sybil Volks ist mit diesem Roman eine faszinierende Geschichtsstunde gelungen. Der Roman berührt durch das Porträt einer lebenslangen Bindung, der weder Krieg, noch jahrelange Trennung oder das Leben in unterschiedlichen politischen Systemen etwas anhaben können. Ich empfehle ihn vor allem geschichtlich interessierten Lesern.