Eher kein Krimi

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singstar72 Avatar

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Tote Fische

Ich hatte gemischte Gefühle, als ich dieses Buch beendete. Wahrscheinlich liegt das aber einfach daran, dass es in meinen Augen in eine andere Kategorie gehört, als auf den ersten Blick. Es ist für mich einfach kein richtiger Krimi. Es ist ein Unterhaltungs- und ziemlich typisches Frauenbuch, und wenn man das mag, kann man das Buch wohl als gelungen betrachten.

Ich gebe zu, ich sammle die Reihe um Pippa Bolle – weil sie mir als Figur sehr sympathisch ist, und weil die Schauplätze immer sehr lebendig und mit interessanten lokalen Eigenheiten geschildert werden. Als Krimis kann man die Bücher aber, zumal mit Fortschreiten der Reihe, eher vernachlässigen.

Pippa Bolle soll auch diesmal wieder ein Haus hüten – das Ferienhaus ihrer Freundin Pia in Südfrankreich, das gerade umgebaut wird. Schon allein diese Grundkonstellation finde ich ein wenig an den Haaren herbei gezogen. Noch dazu steckt Pippa – endlich, möchte man sagen! - mitten in der Scheidung von ihrem italienischen Noch-Ehemann. Drittens soll sie, so „ganz nebenbei“, das Verschwinden eines jungen Mannes aufklären. Und viertens ereignet sich inmitten eines Berliner Angelclubs, der am selben See wie Pippa Urlaub macht, ein unnatürlicher Todesfall.

Das waren für mich eindeutig zu viele Zutaten für dieses Buch, denen die Autorinnen – bei aller Liebe – nicht zu gleichen Teilen gerecht werden konnten. Schlicht überkonstruiert. Wieder einmal störte mich, dass Pippa eigentlich nicht wirklich ermittelt. Nur an ein oder zwei Stellen stellt sie taktische Überlegungen an; ansonsten stolpert sie mehr oder weniger durch die Handlung. Die Aufklärung erfolgt für meinen Geschmack reichlich zufällig.

Mich hat ausserdem gestört, bzw. die Stirne runzeln lassen, wie unkompliziert die Kommunikation zwischen Pippa und den Einheimischen vonstatten geht. Gut, Pippa ist Übersetzerin, und wohl auch des Französischen mächtig. Aber die Art und Weise, wie fast vom ersten Moment an persönliche Gespräche in diesem Buch ablaufen – und auch noch saloppe Ausdrücke gebraucht werden – nein, das ist einfach unnatürlich. So würden sich eine Urlauberin und Franzosen einfach nicht unterhalten! Es geht alles viel zu schnell. Solche Umgangsformen würde ich nach mehreren Jahren (!) erst erwarten.

Das Buch hat natürlich auch seine liebenswerten Seiten – und gerade deshalb ist es für mich eher ein typisches Frauenbuch. Der Berliner Angelverein „Kiemenkerle e. V.“ ist wirklich allerliebst geschildert! Man kann sich an den herrlich überzeichneten Charakteren wahrlich ergötzen. Auch Pippa gefällt mir als Einzelperson. Sie geht insbesondere sehr resolut mit Männern um. Schön fand ich, dass die diversen amourösen Verwirrungen um ihre Person am Ende dieses Buches ein wenig offen bleiben! Sehr schön auch die geschilderte Küche und Landschaft Okzitaniens, sowie der dort verbreitete Starrsinn.

Letztlich pendele ich mich auf eine mittlere Bewertung ein. Man muss einfach wissen, warum man zu einem Buch mit Pippa Bolle greift. Und warum nicht.