Ein "Wasser-Fall" für Pippa Bolle

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Pippa Bolle‘s 40. Geburtstag steht vor der Tür und die Bewohner des Berliner Hinterhauses planen eine grandiose Überraschungsparty, die beim samstäglichen Kuchenbüffet im Hof (in Anwesenheit Pippas!) genauestens geplant wird. Vom Spontantheaterstück mit den bisherigen kriminalistischen Abenteuern der Jubilarin bis zum Buffet zu dem jeder Hausbewohner eine Spezialität beitragen wird. Was Bruder Freddy schon jetzt das Wasser im Mund zusammen laufen lässt. Umso ärgerlicher, dass Pippa gar nicht daran denkt mitzufeiern.

 

Pippa hat sich von ihrer Freundin Pia Peschmann überreden lassen, die Renovierungsarbeiten an ihrem Ferienhaus im Montagne Noir, den „schwarzen Wäldern“ in der Nähe von Toulouse zu beaufsichtigen. Dazu hat ihr Pia eine Unterkunft im Hotel „Vent Fou“ besorgt, dass Pippa gleichzeitig als Arbeitsplatz dient. Denn sie kann den Aufenthalt in Frankreich nutzen, um für zwei Wissenschaftler Briefe mit Zitaten von Hemingway zu übersetzen. Ihr literarischer Übersetzerdurchbruch.

 

Schon auf der Hinfahrt mit Pia werden die beiden Frauen auf die „Kiemenkerle“ aufmerksam. Eine Gruppe von Anglern, die ihren jährlichen Ausflug samt Preisfischen ebenfalls in Frankreich austragen. Und zu dreizehnt unterwegs sind. Was ein Mitglied es Vereins im Prolog mit folgenden Worten interpretiert: "Dieser Beschluss und die Zahl 13 - Männer das werden wir noch bereuen."

 

“Rätselhafte Doppelungen überall: zwei ungewöhnliche Fälle, zwei Kulturen in einem Land, zwei Gendarmen, die sich nur durch den Lesestoff unterscheiden lassen, zwei Régines, die immer dann auftauchten, wenn ich Hilfe oder Antworten brauchte, zwei falsche und zwei echte Verehrer und - grinsend sah sie an sich herunter, zwei Kilo mehr auf den Rippen dank zweier hervorragender Köche. Eine echte Herausforderung, dieses Okzitanien.”

 

Pippa Bolle, die Erfolgsfigur von Auerbach und Keller, ermittelt in "Tote Fische beißen nicht" bereits zum dritten Mal. Für mich war diese Folge allerdings die Premiere, denn bislang hatte ich noch keinen Fall dieser Amateurdetektivin gelesen. Nach der Lektüre von „Tote Fische beißen nicht“ werde ich dies allerdings auf jeden Fall nachholen, denn Pippa Bolle ist eine echte Entdeckung.

 

Hier handelt es sich um einen „Wohlfühlkrimi“ im besten Sinne. Humoriger Einstieg mit einer Fülle unterschiedlichster Figuren, die glücklicherweise in einem Glossar zu Beginn einzeln vorgestellt werden, so dass man beim Lesen solange nachschlagen kann, bis man alle im Kopf hat. Atmosphärische Beschreibung des französischen „Montagne Noir“, dem Ort der Handlung Chantilly-sur-Lac, der okzitanischen Eigenheiten und vor allem den kulinarischen Spezialitäten. Hier bekommt man Lust sofort die Koffer zu packen und auf Pippas Spuren zu reisen. Sobald sich der Leser und vor allem Pippa es sich im Roman „gemütlich“ gemacht hat, wird es richtig spannend. Und zwar ganz ohne Blutvergießen.

 

Pippa soll ein Familiendrama aufklären, dass sich vor über 20 Jahren in dem Haus zugetragen hat, dass Pia und ihr Mann gekauft haben. Der Sohn eines der Hoteliers des Ortes ist in dieser Nacht verschwunden und noch immer finden sich Blutspuren auf der Haustreppe. Eine Leiche wurde jedoch nie gefunden. Die ungeklärte Tat entzweit noch immer den idyllischen Ferienort und seine Bewohner. Pia bittet Pippa erneut zu ermitteln, was diese zunächst nur zögernd, nach dem unerwarteten Tod eines der „Kiemenkerle“ aber mit neuerwachter Vehemenz tut. Denn irgendjemand scheint es auch auf die sympathische Übersetzerin abgesehen zu haben.

 

Unterhaltsames Krimivergnügen. Mitreißend erzählt, flüssig zu lesen, mit einer Grundstimmung (savoir viere) zum Genießen. Und mit vielen in Erinnerung bleibenden Zitaten von Hemingway versehen. Eine rundum lohnende Lektüre mit Genussfaktor (nicht nur literarischer Art)!