Hat Piper kein Interesse an Lesern?

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Mein Eindruck zu Arne Dahls "Totenmesse" fällt bezüglich des Inhalts zwiespältig aus.

Einerseits sind die Szenen in der Bank sehr spannend geschrieben. Die ganze Situation wird durch die Gedanken und das Verhalten von Cilla sowie ihren Handy-Kontakt zu ihrem, auf der Polizeiseite befindlichen, Ex-Mann sehr greifbar.

Andererseits hält sich Dahl, speziell in der A-Gruppen-Szene, mit der Beschreibung der Beziehungen zwischen den einzelnen Polizisten und des Vorlebens der Mitglieder dieser Gruppe, teilweise auch noch den detaillierten privaten Verhältnissen, auf.
Da er auf eine Schilderung der Äußerlichkeiten der Protagonisten komplett verzichtet und dem Leser stattdessen zig verschiedene schwedische Namen präsentiert, artet das ganze in ein spontanes Auswendiglernen aus. Sollte das im Rest des Romans anhalten, wird es mir aus diesem Grund sehr schwer fallen der Geschichte zu folgen.

Meine Meinung zur deutschen Ausgabe fällt dafür eher schlecht aus:

Was ich überhaupt nicht verstehe, und was mir bei Piper mittlerweile schon des öfteren aufgefallen ist, ist, dass man voraussetzt, dass der Leser die Muttersprache des  Autors und zumindest auch noch Englisch spricht.
Oder aus welchem Grund werden Begriffe wie "Skeppagarta" oder "Valhallaväg" nicht erklärt? - Sind das Straßen, ersteres vielleicht doch eher eine Treppe, das letztere etwa ein Gebäude? Oder auch "Reichskrim" - ich lebe nicht in Schweden, also was sollen solche Begriffe? Ich glaube kaum, dass in der schwedischen Übersetzung eines deutschen Krimis "Bundesnachrichtendienst" oder "militärischer Abschirmdienst" unübersetzt stehen bleiben würde. Weinigstens in Fußnoten oder in einem Anhang könnte so etwas geklärt werden. Gleiches gilt für die englische Sprache der vermeintlichen Bankräuber/Geiselnehmer: Ich bin der englischen Sprache mächtig, deshalb stellt das für mich kein Problem dar. Es gibt aber auch eine nicht zu vernachlässigende Zahl von potenziellen Lesern, die nur romanische Sprachen beherrschen. Für diese wäre eine Übersetzung der englischen Passagen ein netter Service.
Die Übersetzung wirkt insgesamt gelegentlich ein wenig holprig. Ausdrücke wie "... - andernfalls wartete Krieg" (S.34) lösen bei mir ein leicht angewidertes Frösteln aus.

Somit ergibt sich ein sehr heterogenes Bild. - Story hui, Form pfui.
Trotzdem interessiert mich wie sich aus der bis jetzt unspektakulären Geiselname eine "Jagd nach einer wertvollen chemischen Formel" entwickeln wird. Hinweise darauf gab es in der Leseprobe ja leider nicht.