Blum und die Unterwelt von Hamburg

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wuschelchen99 Avatar

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Nicht ganz freiwillig wird die Bestatterin Brünhilde Blum zur mehrfachen Mörderin. Um den Medien und der Strafverfolgung zu entkommen sowie aus Liebe zu ihren Töchtern Uma und Nela, fliegt sie mit ihren Töchtern von Österreich bis über den Polarkreis nach Skandinavien. Doch irgendwann kippt die „Urlaubstimmung“ um, es stellt sich einfach kein normales Leben ein. Daher beschließt Brünhilde ihren Töchtern zu Liebe, nach Deutschland zu reisen. Ohne Geld, ohne Papiere gelangt sie zusammen mit ihren Mädchen durch die Hilfe eines ihr sympathischen Lkw-Fahrers nach Deutschland, der ihr noch eine Kontaktadresse in Hamburg benennt. Blum hat keine andere Wahl, als sich und ihrer Familie über den Kiezkönig Schiele eine neue Identität zu beschaffen. Doch alles hat seinen Preis, welchen Blum früher oder später zahlen muss.

„Totenrausch“ von Bernhard Aichner ist nach „Totenfrau“ und „Totenhaus“ der dritte Band der Trilogie um Brünhilde Blum und schließt diese Reihe ab.
Dieser Band ist durchaus einzeln zu lesen, denn es kommen immer wieder Hinweise auf die Vorgeschichte. Insgesamt ist es aber doch auch sehr interessant zu lesen, wie sich die Protagonistin in den verschiedenen Büchern weiter entwickelt und verändert. Hier darf der Leser also selbst entscheiden und wird sicher die für ihn passende Entscheidung treffen können.

Der außergewöhnliche und spannende Schreibstil des Autors ist sehr interessant. Sicher sind die kurzen Sätze, vor allem in den Dialogen, nicht jedermanns Sache, doch genau das treibt den Leser meiner Meinung nach ständig zum Lesen an. Es gibt keine verschachtelnden, ewig langen Sätze, bei denen am Ende erstmal über den Anfang des Satzes nachgedacht werden muss. Kurz, knapp, aussagekräftig, das liebe ich bei einem Thriller.

Es ist schon erstaunlich wie der Autor für eine mehrfache Mörderin so unheimlich viel Sympathie aufbauen kann. Blum kämpft hart wie eine Löwin, aber hauptsächlich als Mutter. Damit kann sich der Leser sehr gut identifizieren. Auch ihrem Wunsch nach Veränderung kann sehr gut gefolgt werden. Ihre impulsiven Taten und Handlungen erscheinen niemals hirnlos, auch wenn sie dabei hin und wieder in alte Muster zurück fallen muss. So schnell kann eine Mörderin zur Heldin werden. Daumen hoch für diese geschickte Manipulation durch den Autor!

Dagegen stellt der Autor die Kiezgröße Schiele, der sich schamlos seiner „Fähigkeiten“ bedient: Vorteile sofort erkennend und bei der richtigen Gelegenheit ausnutzend, gutaussehend, vermögend, gute Kontakte und Menschenkenntnis, ein Meister in Sachen Zuckerbrot und Peitsche. Obwohl sich dieser ja die Finger nicht selbst schmutzig macht, klebt an diesen sicher mehr Blut als denen von Blum. Eigentlich könnte der Leser ihn als Helfer in der Not für Blum betrachten, doch halt, nicht zu früh entscheiden! Wobei wir hier wieder bei der ständigen Weiterlesepflicht gelandet sind.

Zusammengefasst hat Aichner alles richtig gemacht. „Totenrausch“ ist ein Thriller, der genau das bedient, was dieses Genre verlangt: Spannung, Spannung und nochmals Spannung, kurze Verschnaufpausen, weiter geht’s … Muss ich einen Abzug für die vielen leeren Seiten zwischen den Kapiteln abziehen? Nein, die lassen sich genauso schnell umblättern wie die bedruckten Seiten, Papierverschwendung hin oder her.
Mir bleibt gar nichts anderes übrig, als eine absolut klare Leseempfehlung zu geben.