Wenn der Herrgott hinterm Haus wohnt…

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gaby2707 Avatar

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so wie bei Erna und Josef Pankofer mit ihren beiden Töchtern Frieda, 18, und Lotte, 15, die in der Münchner Kaufingerstraße direkt bei der Frauenkirche am 15. April 1929 ihren Eissalon eröffnen, kann ja fast nichts schief gehen. Endlich ist das Eis verkaufen aus dem Eiswagen Vergangenheit und Josef glänzt mit immer neuen Ideen für neue Eissorten. Die hereinbrechende Weltwirtschaftskrise bedeutet für Familie Pankofer volles Zusammenhalten. Doch Tochter Frieda verliebt sich ausgerechnet in den Sohn des größten Konkurrenten in der Stadt, dessen Vater sich mit Friedas Vater eine Vergangenheit teilt. Und Tochter Lotte hat vorerst gar nichts für den Eissalon übrig. Zerbricht der Traum von ihrem Eissalon nun doch noch?

Mich haben die Frau und der Mann auf dem Cover, wahrscheinlich Erna und Josef Pankofer, die wie es scheint, in eine freudige Zukunft laufen, sofort angesprochen. Toll finde ich, dass sie in einem Eis am Stiel abgebildet sind.
Autorin Franziska Winkler versetzt mich zurück ins Jahr 1929, wo ich die Familie Pankofer nach und nach kennenlerne. Josef, der, nachdem er Erna geheiratet hat, fast keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern hat, die ganz andere Pläne mit ihm hatten und ihn enterbt haben. Erna, die relativ schnell von ihrer großen Liebe Josef schwanger wurde und bis dahin in der Wäscherei von Josefs Eltern gearbeitet hatte. Die sich mit einem Eiswagen selbstständig gemacht haben und damit durch Münchens etwas abgelegenere Straßen gefahren sind. Die sich nun ihren Traum von einem festen Eissalon erfüllt und im gleichen Haus eine größere Wohnung gefunden haben. Frieda, die sich Hals über Kopf in den Sohn des größten Eis-Konkurrenten verliebt, den ihr Vater absolut nicht als Schwiegersohn akzeptiert. Und Lotte, die nach einem Zusammenprall mit einer Trambahn längere Zeit im Krankenhaus und im Sanatorium verbringen muss.
Ich erfahre einiges über die Speiseeisherstellung, über das München der 20er und 30er Jahre und darüber, wie sich die Eisdielen langsam ihren Weg in unsere Zeit gebahnt haben. Und ich bin dabei, wie Josef und Erna das erste mal JOPA-Steckerl-Eis herstellen.
Mir gefällt es gut, dass es hier Menschen wie z.B. Marie oder Heike Grabowski in Berlin gibt, die im Dialekt sprechen. Das macht die Geschichte und vor allem die Dialoge noch lebendiger und authentischer.

Der Erzählstil ist leicht, locker und sehr bildhaft. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen. Die dauernden Perspektivwechsel haben mir gut gefallen, da ich dadurch alle Familienmitglieder noch besser kennengelernt habe. Da ich in München lebe, hat es mir großen Spaß gemacht auf den Wegen der Familie Pankofer im Kopf mit zu gehen.

Eine interessante Familiengeschichte von starken Frauen mit ganz viel Liebe, Träumen, Konkurrenz, Vergangenheitsbewältigung, Hoffnung, Lebensmut, Verlust, Verletzungen und Verzweiflung. Mit ganz viel Münchner Charme und Lebensgefühl. Ich hätte mir nur ein bisserl mehr Tiefe gewünscht. Es bleibt doch alles sehr an der Oberfläche.