Per Drahtesel zurück ins Leben

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Aus seinen bisherigen Büchern kennt mancher Leser den Autor und Kabarettisten Georg Königer vorwiegend sportlich-lustig. In seinem neuen Werk „Trauer ist eine lange Reise“ begleitet ein weiterer Aspekt ganz anderer Art seine bislang bewegungsfreudigen und humorvollen literarischen Ausflüge: Der Tod seiner Frau.
Für sie – und in Gedanken sitzt sie auf dem Gepäckträger seines Fahrrads – tritt er ein Jahr nach ihrem Tod eine Reise an, die eigentlich „ihr Baby“ war – und für die er sich selbst anfangs nicht überschwänglich begeistern kann: So lautet denn auch der Titel des ersten Kapitels „Jakobsweg wider Willen“.
Königer lässt sein kabarettistisches Handwerkszeug in Form von Wortwitz und scharfzüngigen Bemerkungen einen Monat, zweieinhabtausend Kilometer und 256 Buchseiten lang jedoch nicht ganz auf der Bühne zurück, sondern würzt damit sein persönliches Erlebnis per Drahtesel auf dem Jakobsweg. Beispielhaft dafür ist nicht nur die leicht chaotische männliche (Un-)Ordnung im Reisegepäck, sondern auch die Orientierungslosigkeit angesichts des unübersichtlichen Wegelabyrinths fern vom Zielort: In Deutschland führen eben viele Wege nach Santiago de Compostela, wenn auch zuweilen mit größeren Umwegen und entsprechend vermehrt geforderter Muskelkraft verbunden.
Die zur Beschreibung solcher „Problemchen“ genutzten unterhaltsamen und geradezu aufmunternd-aufmüpfigen Schilderungen lassen nicht nur Königer selbst, sondern auch seine Leser jenes schwierige Thema leichter bewältigen, das den beklemmenden Hintergrund der Reise bildet.
Der stellt sich mittels emotionaler und doch unverschnörkelt-realistischer Beschreibung in regelmäßigen Rückblicken auf die fortschreitende Erkrankung seiner Ehefrau Andrea dar. Die Neurobiologin und Heilpraktikerin, mit der er mehr als 20 Jahre liiert war, konnte vielen Menschen helfen. Für sie selbst jedoch war keine Heilung ihrer Krebserkrankung möglich.
Angst, Hilflosigkeit und Ratlosigkeit im Hinblick auf quälende Entscheidungen bezüglich der „richtigen“ Behandlungsmethoden drohten die Oberhand zu gewinnen, trotz vehementer Gegenwehr der Betroffenen, trotz der rührenden Fürsorge ihres Mannes, trotz großer Hilfsbereitschaft von Freunden. Alles vergeblich.
Kein „leicht verdaulicher“ Lesestoff, aber einer, mit dem es sich auseinanderzusetzen lohnt.