Ein sehr emotionales und auch intimes Buch

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Inhalt

Georg Koeniger geht in seinem Beruf als Kabarettist auf. Er ist trotz Fernbeziehung, glücklich verheiratet und dass schon seit über 20 Jahren. Seine Frau Andrea, eine Neurobiologin hängte ihre Karriere als Wissenschaftlerin an den Nagel und ist ihrer Bestimmung der einer Heilpraktikerin gefolgt. In ihrer gemeinsamen Freizeit sind beide regelrechte Outdoorfreaks. Viele Touren unternehmen sie in ihrem bisherigen gemeinsamen Leben. Vom einfachen Wandern bis hin zu regelrechten Trekkingtouren besteigen sie so manchen Berg und auf ausgefeilten Radtouren über den ein oder anderen Pass finden sie ihre Erfüllung. Das Leben könnte einfach nicht besser laufen. Doch das sollte sich eines Tages schlagartig ändern. Andrea kämpft seit Monaten mit einem hartnäckigen Husten und mit ihren heilpraktischen Anwendungen kommt sie zu keinem Erfolg, denn der Husten lässt sie immer kurzatmiger werden. Sie beschliesst sich in einer Klinik von einem Pneumologen untersuchen zu lassen, der daraufhin Wasser in der Lunge festgestellt, punktiert und die abgesaugte Flüssigkeit ins Labor geschickt hat. Nach ein paar Tagen stand die Diagnose schließlich fest - „Adenokarzinom“. Ein sehr aggressiver Krebs in der Lunge mit Stadium IV. Er hat schon gestreut und es gibt keine Heilungschance mehr.

Mit vereinten Kräften und der Unterstützung von Freunden und Bekannten, stellen sie sich dem Kampf gegen den Krebs. Die Verzweiflung ist groß, doch der Glaube an einen Sieg ist ebenfalls noch vorhanden. Fachbücher, Ratgeber und Erfahrungsprotokolle werden studiert und sogar die Ernährung umgestellt. Proteinreiche Kost, Proteinarme Kost, kein Zucker oder Fett, viel Zucker und viel Fett, Smoothies, Fasten etc. Alles wurde ausprobiert und Andrea fertigte sogar eine Collage an mit Dingen die sie in ihrem Leben noch machen möchte. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich immer mehr und Georg machte bald einen Spagat zwischen Arbeit und Krankenbett, denn er wollte Andrea nicht so lang allein lassen. Abgesehen davon glaubte er noch immer nicht daran dass seine geliebte Frau sterben würde. Nach neun Monaten, wachte er Nachts um vier Uhr am Krankenbett seiner Andrea auf. Es war still. Zu still. Andrea hat den Kampf verloren und war in dieser Nacht, an der Seite ihre Mannes eingeschlafen.
Nach einem Jahr beschließt er den Wunsch seiner Frau zu erfüllen. Allein begibt er sich mit dem Rad auf die Reise um den Jakobsweg zu befahren. Von Würzburg nach Santiago de Compostela lautet die Route und mit an Bord ist ein Foto seiner Frau und eine kleine Urne mit ein wenig Asche von Andrea. Doch die Reise entpuppt sich so manches mal als Kraftakt und es gibt neben einigen Höhepunkten auch sehr viele Tiefschläge. Nicht zu Letzt sieht er seine Tour, die er stellvertretend für Andrea fährt, als eine Art Abschied und Trauerbewältigung. Auch wenn er an die ein oder andere Grenze seiner eigenen körperlichen oder seelischen Kräfte kommt, so gibt es doch auch immer wieder kleine Lichtblicke die ihn weiter fahren lassen.

Meinung

Das Buch ist in 23 Kapitel unterteilt welches je eine eigene kleine Überschrift bekommen hat, die stets passend zum Inhalt gewählt wurde. Während der Autor, der gleichzeitig auch der Protagonist ist, in der Gegenwart erzählt, schwankt er in seiner Erzählung immer mal wieder zu der Zeit mit seiner Frau. Man erfährt hin und wieder im Verlauf des Buches einige Details über ihr gemeinsames Leben vor der Krankheit, wie z.B. ihr Kennen lernen, ihre gemeinsamen Unternehmungen etc. Der gesamte Krankheitsverlauf von Andrea wird beschrieben. Die Pflege und Fürsorge die er seiner Frau zukommen lässt. Ebenso all die Kraft und Nerven die es kostete das alles zu bewältigen um auch noch gleichzeitig auf der Bühne zu stehen, die Leute zu unterhalten und sich überhaupt nichts anmerken zu lassen. Weder vor seinem Publikum noch vor seiner Frau. Schließlich nimmt er nicht nur seine Frau im Geiste mit auf die Reise nach Santiago de Compostela, sondern auch uns Leser. Sein Schreibstil ist nicht nur authentisch und ehrlich, sondern auch voller intimer Emotionen die man so nicht erwartet hat. Ab und an kommt auch Koenigers Seite als Kabarettist zum Vorschein und ich muss gestehen ich habe an manchen Stellen im Verlauf seiner Reise schmunzeln müssen. Einmal hat es mich sogar fast umgeworfen vor lachen. Dummerweise saß ich aber grade im Wartezimmer einer Arztpraxis und musste mich zusammen reißen. Dabei war es nicht mal eine überaus komische Situation die der Autor da grade erlebte, sondern es war einfach nur ein Satz zu eben jener Situation, den er von sich gab und das hatte schon gereicht. Es gibt aber auch viele Passagen die mich zum Nachdenken gebracht haben und da ich ebenfalls ein emotionaler Mensch bin, habe ich an so manch einer Stelle mit dem Autor gefühlt oder gelitten. Es hat einfach gepasst, sein Schreibstil und die ehrliche Art wie er das Buch geschrieben hat, haben mich sofort eine Sympathie für ihn entwickeln lassen.
Einen Spannungsbogen gibt es in diesem Buch nicht, das muss es auch nicht, denn es kommt ganz wunderbar ohne ihn aus. Der flüssige und doch anspruchsvolle Schreibstil in der Ich Form gefällt mir sehr gut. Es ist ein sehr persönliches, ehrliches und hoch emotionales Buch. Ich bin froh es gelesen zu haben und auch dass ich dadurch auch Georg Koeniger den Kabarettisten erstmals kennen lernen durfte.

Abschließen möchte ich meinen Bericht, weil sie mir einfach in den Sinn kamen, mit den letzten Worten aus dem Gedicht Memento von Mascha Kaléko -
„Bedenkt: Den eignen Tod, den stirbt man nur; doch mit dem Tod der anderen muss man leben.“