Treibland

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
lale1972 Avatar

Von

Als ich das Buch in den Händen hielt, war ich schon vom Äußeren begeistert; ein tolles Cover, düstere Wolken am Himmel, das Schiff im Vordergrund, Titel und Autor in Hochglanz. Auch vom Inhalt wurde ich nicht enttäuscht!
Die Polizei in Hamburg erhält einen anonymen Anruf, dass an Bord der "Großen Freiheit" ein Passagier verstorben ist, vermutlich an einem geheimnisvollen Virus. Alle sind von der Situation ein wenig überfordert, da das Schiff unter Panama-Flagge fährt und die Polizei somit nicht an Bord ermitteln darf. Aufgrund dessen darf nur eine begrenzte Anzahl an Personen an Bord, unter anderem eine Frau vom Tropeninstitut und Adam Danowski, Kommissar, der lieber am Schreibtisch als am Tatort ermittelt. (Gerade mit einer Diagnose konfrontiert, die ihm Hypersensibilität bescheinigt, gefällt ihm das überhaupt nicht, und er fühlt sich von diesem Auftrag überfordert.) Daher kommt ihm der "Halt-den-Ball-flach-Ermittlungs-Auftrag" eigentlich entgegen, aber da er so massiv zur Ruhe gedrängt wird, erwacht doch sein Ermittlerinstinkt, sein Schnüffeln scheint gewissen Leuten aber nicht zu gefallen. So bringt er sich in Gefahr und die Situation schein auswegslos zu sein, als er dank eines aufgeschlitzten Schutzanzugs kontaminiert sein könnte und auf der inzwischen zum Quarantäne-Schiff erklärten "Großen Freiheit" bleiben muss. Sein Kollege Andreas Finzel, Finzi genannt und trockener Alkoholiker, ist zuerst angesäuert, weil er nicht aufs Schiff durfte, ermittelt dann aber an Land und so arbeiten sie Hand in Hand, bis auch dieser in Gefahr gerät.
Till Raether hat einen tollen Krimi geschrieben, raffiniert aufgebaut, alle Personen, die im Laufe der Geschichte auftauchen, geschickt verflochten. Immer wieder hat man den berühmten Aha-Effekt, wenn man wieder eine Spur weitergekommen ist. Gewisse Geschehnisse, an denen Raether den Leser teilhaben lässt, die aber parallel zu Hamburg-Pestschiff passieren, nimmt man auf, aber kann noch nichts damit anfangen, bis man irgendwann kombinieren kann und Danowski einen Schritt voraus zu sein scheint. Man erahnt die drohende Gefahr für bestimmte Personen und so ist man schon gespannt, obwohl der Kommissar und zukünftige Opfer noch ahnungslos sind. Ungeklärte Vermutungen, wer z.B. die Impf-Opfer sind, lassen Schlimmes erahnen und drücken aufs Gemüt beim Lesen, immer in Panik vor der Auflösung.
Zwischendurch hatte das Buch auch ein paar Längen, besonders im ersten Drittel, aber das kam einem vielleicht auch nur so vor, weil Raether an mehreren Schauplätzen gleichzeitig begann, den Leser auf die Reise der Ermittlung zu schicken. Was mit einem ruhigen Kriminalfall begann, endete aber in einem fulminanten Feuerwerk. Ein Feuerwerk an Spannung, Dramatik und Auflösung! Ich kann "Treibland" jedem empfehlen, der gerne einen gut recherchierten Krimi liest, der nicht zuviel Psycho ist, aber einen dennoch packt und viele überraschende Momente hat!
Das Ende ist aber noch ein wenig offen: werden wir das Ermittlerduo Danowski / Finzel wiedersehen???