Sehr intensiv und spannend

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rickyundmolly Avatar

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Das Buch liest sich wirklich superschnell, da die Geschichte sehr lebendig und spannend erzählt wird. Mit dem Perspektivwechsel zwischen Anna und ihrer "Tante" Maria hatte ich auch keine Probleme und fand mich jeweils sofort zurecht.

Die Zeit (Zweiter Weltkrieg und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg) wird sehr authentisch und intensiv geschildert. Man konnte die Kälte, den Hunger und die Ängste praktisch selber spüren. Die Schilderungen des Ofenanheizens mit Kohlen und Co. waren mir sehr vertraut, da wir bis vor wenigen Jahren mit Kohleöfen wohnten. Der beschriebenen Bäckereiatmosphäre im Buch merkt man an, das die Autorin dabei autobiographisch geprägt ist. Da passte alles. Wärme, Düfte der Brote, Beschaffenheit der Teige....
Extrem deutlich und intensiv erlebt man beim Lesen auch die Bombenangriffe. Als wäre man dabei gewesen (Horror pur).

Gut gefallen hat mir die Beschreibung wie Anna vom relativ behüteten kleinen Mädchen durch den Krieg und die Umstände sehr schnell erwachsen wurde und das sie (und die anderen Menschen um sie rum auch) sich den Umständen gezwungenermaßen schnell angepasst hat und es so schaffte irgendwie durchzukommen. Das "Geheimnis" von Maria hab ich mir aber schon am Anfng eigentlich gedacht. Das war nicht wirklch überraschend (was aber nichts schlechtes ist).
Überhaupt kamen mir sämtliche Figuren im Roman sehr lebendig und echt vor und ich konnte sie alle vor mir sehen. Anna, Karl, die verwaisten Kinder , der Büll, Dean, Joseph, Agnes, Willibald...... keiner blieb blaß und farblos. Alle waren mit Persönlichkeit beschrieben. Sogar der Ofen. Als Maria sich vom guten, alten Ofen verabschiedet hat und mit ihm geredet hat wie mit einer Person hatte ich Tränen in den Augen.

Die Liebe zwischen Anna und Joseph hat mich wirklich berührt. Wie die beiden zueinander fanden und das sie das überhaupt taten war nun wirklich nicht selbstverständlich und ihre tiefe Freundschaft/Liebe zueinander ist was ganz besonderes. Das wirkte auch nie übertrieben, sondern sehr real. Was hab ich um Joseph gezittert. Keine Sekunde glaubte ich an ein freiwilliges Verschwinden seinerseits. Wunderbar auch wie und das er den Büll erledigt hat.

Am Ende war es mir aber ein ganz kleines bisschen zuviel HappyEnd. Plötzlich drehte sich alles zum Guten. Geldfund, ermöglichte Neueröffnung, das Medikament für Karl, Nachricht und baldige Rückkehr von Joseph und sogar noch die Heimkehr vom jahrelang in Rußland vermissten Matthias plus sofortigem begeisterten auf-ihn-zulaufens des kleinen Karl (der ihn ja noch nie getroffen hat) war mir doch etwas zuviel des Guten.

Alles in allem aber ein wirklich gut geschriebenes, sehr intensives Buch, das ich sogar gerne nochmal lesen werde um die Leute darin erneut zu "treffen". Es hätte gerne doppelt so dick sein dürfen.