Mutig und tapfer wie die Musketiere!

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Die norwegische Schriftstellerin Maja Lunde  legt mit „Über die Grenze“ (im norwegischen Original „Over grensen“) ihr erstes Jugendbuch vor. Es beruht auf den Ereignissen während des Zweiten Weltkriegs im besetzten Norwegen, als im Herbst 1942 Juden in KZs verschleppt wurden.

Die Geschichte setzt 1942 ein. Norwegen ist von Nazi-Deutschland besetzt. Nun werden auch Norweger jüdischen Glaubens deportiert.
Im Haushalt des Ärzteehepaares Wilhelmsen wundern sich  das Hausmädchen Klara und die Kinder, die zehnjährige Gerda und ihr 12jähriger Bruders Otto, darüber, dass immer wieder einige der eh schon knappen Lebensmittel verschwinden. Sie ahnen nicht, dass die Eltern im Keller heimlich zwei jüdische Kinder verstecken.
Plötzlich geht alles ganz schnell. Die Polizei der Besatzer durchsucht das Haus und verhaftet Gerdas und Ottos Eltern. Während die Polizei erfolglos das Haus auf den Kopf gestellt hatte, finden die Geschwister kurz darauf die beiden jüdischen Kinder Daniel und die kleine Sarah. Ihr Vater wartet auf sie hinter der rettenden Grenze zum neutralen Schweden. Doch wie sollen sie nun dorthin gelangen?

Die abenteuerlustige Gerda hat gerade „Die drei Musketiere“ gelesen. Ihr Bruder Otto ist eher der ängstlichere Typ, der alles lange abwägt, bevor er handelt. Doch die Zeit drängt, die Bedrohung ist groß. Für Gerda steht sofort fest, dass sie den beiden jüdischen Kindern zur Flucht nach Schweden verhelfen müssen. Was für ein Abenteuer, ein gefährlicheres, als sie sich überhaupt vorstellen kann! Denn es geht um Leben und Tod.

Auf dem Weg müssen sie überall mit Kontrollen rechnen. Ob die eigenen Landsleute, denen sie begegnen, Verräter oder potentielle Helfer sind, wird zur ständigen Frage. Nicht immer ist sich die kleine Kindergruppe einig, wie sie weiter vorgehen soll. Doch der Zusammenhalt trägt sie, bis sie auf Unterstützung stoßen.

Fazit
Maja Lunde greift in ihrem Kinderbuch ein grausames Kapitel der Zeitgeschichte auf. Da stellt sich die Frage, ob dies für Kinder ab 9 Jahren wirklich schon geeignet ist.

Wohltuend ist, dass die Kinder in der Geschichte tatsächlich Kinder bleiben dürfen. Sie geraten in Streit, sind mal trotzig, mal versöhnlich. Auch in gefahrvollen Zeiten können sie sich in ein Spiel vertiefen und toben. Die Kinder werden so glaubwürdig dargestellt wie Kinder in diesem Alter eben sind, mal leichtsinnig, fröhlich und keck, dann wieder ängstlich, besonnen und tapfer. Es gelingt ihnen, in der Gefahr über sich hinauszuwachsen wie ihre Vorbilder, die Musketiere.

Schnell kann man sich in die jungen Protagonisten einfühlen und mit ihnen Mut, Hilfsbereitschaft und das Einstehen für den anderen erleben.

Die Handlung ist extrem spannend und eindringlich. Immer wieder drohen die Kinder, in ihrem Vorhaben zu scheitern. Doch das positive Ende ist für die jungen Leser dieses Alters gut zu verarbeiten.

Maja Lunde verzichtet auf krasse Schwarz-weiß-Malerei. Es gibt auch Verräter unter den Landsleuten und gute Menschen unter den Besatzern. Dabei berichtet sie sachgerecht und beschönigt nichts.

Ich finde, dass auch eine so junge Leserschaft ein solches kindgerechtes Buch verarbeiten kann, ohne verängstigt zu werden. Allerdings würde ich als Erwachsener das Buch vorlesen oder das Lesen begleiten, um für Fragen der lesenden Kinder bereit zu stehen.

Ein wirklich gutes und auch wichtiges Buch für junge Menschen. Absolute Leseempfehlung !