Die Klimakrise – persönlich und fundiert

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räuberin Avatar

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Milena Glimbovskis Wirken verfolge ich nun schon seit Jahren, habe auch ihr Buch "Ohne Wenn und Abfall" verschlungen, und mich sehr gefreut, dass sie ein Buch zur Klimakrise veröffentlicht. Ich beschäftige mich auch intensiver mit diesem Thema – was wir alle eigentlich sollten, weil es uns ja alle betrifft! – und habe schon einiges dazu gelesen. Dennoch habe ich durch "Über Leben in der Klimakrise" noch so einiges dazulernen können und das ist für mich die größte Bereicherung, wenn ich solche Bücher lese.

In einem breit aufgestellten Rundum-Schlag behandelt Milena Glimbovski alle wichtigen Themen, die ihren Anteil an der Klimakrise haben (allein das Thema Verkehr kam mir – aus persönlichem Interesse – etwas zu kurz dabei weg). Ihr gelingt es, persönliche Erfahrungen, Ängste, Erlebnisse mit Fakten zu vermischen, sodass ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, entweder einen vollkommen unfundierten Erlebnisbericht oder eine staubtrockene Abhandlung vor mir zu haben.

Beim Lesen habe ich gespürt, wie sehr die Autorin das Thema selbst umtreibt, so sehr, dass sie sich an Orte begibt, wo sie Menschen trifft, von denen sie selbst dazulernen kann. Sie befragt, erfährt, packt an, nimmt teil. Sie gibt Anpassungsimpulse mit auf den Weg, entlässt die Politik und die Wirtschaft dabei aber nicht aus der Pflicht. Denn, wie sie am Anfang des Buches schreibt, Tipps, wie man Plastik sparen kann, hat sie inzwischen zur Genüge gegeben.

Das bringt mich auch schon zu meinem einzigen Kritikpunkt: Durch die persönlichen Erfahrungen, die Milena Glimbovski einfließen lässt, ist das Buch natürlich auch von einer westlich-besser-situierten Großstädterinnen-Sicht geprägt. Diese ist meine eigene, sodass ich mich mit der Lektüre kein Stück aus meiner Bubble bewegt habe. Das ist bequem, keine Frage, aber ich hätte mir gewünscht, dass auch mal ein Blick aus dieser Bubble heraus geworfen wird. Was macht die Klimakrise mit armutsbetroffenen Menschen, die nicht im Unverpacktladen einkaufen können? Die kein Haus in Schweden mit Garten haben? Was passiert in ärmeren Ländern als Deutschland, die auch jetzt schon stark von der Klimakrise betroffen sind? Natürlich hätte das vielleicht ein wenig den Umfang gesprengt, aber so fürchte ich, wird das Buch auch nur diese Bubble erreichen, die sich ohnehin schon seit längerem mit dem Thema beschäftigt.

Besonders imponiert hat mir hingegen ihr Bericht aus Lützerath, vielleicht auch, weil er sich zu großen Teilen mit den Erfahrungen einer guten Freundin deckt und sich somit ein kleiner Ausschnitt zu einem größeren Bild zusammensetzte.

"Über Leben in der Klimakrise" bedrückt und hinterlässt Wut im Bauch, macht aber auch Hoffnung. Wer sich noch nicht mit dem Thema Klimakrise auseinandergesetzt hat, wird hier einen leicht zugänglichen Einstieg finden. "Alte Hasen" lernen sogar noch etwas Neues.
Und: Wenn noch mehr Menschen diese Wut im Bauch spüren, kann vielleicht mehr Druck auf die großen Schalthebel Politik und Wirtschaft ausgeübt werden und es bewegt sich etwas. Das Buch hat – das wird sich zeigen – eventuell seinen Teil dazu beigetragen.