Der "Quincy" Österreichs

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
singstar72 Avatar

Von

Manches ist an diesem Buch unerwartet, zugegeben. Zuerst einmal die relative Kürze. Zweitens die Tatsache, dass die Texte nicht unbedingt einen logischen, geschweige denn chrono-logischen Zusammenhang haben. Was drittens unterstrichen wird durch die (hochwertige!) journalistische Aufbereitung.

Es ist eben nicht nur ein Buch über den österreichischen Gerichtsmediziner Christian Reiter - der wohl eine Art "Quincy Österreichs" darstellt. Es ist ebenso ein Buch des Journalisten Florian Klenk, der sein eigenes Interesse und Können darstellt. Und es ist ein Buch über die (Kriminal-) Geschichte Österreichs.

Der Journalist und der Mediziner haben schon längere Zeit einen gemeinsamen Podcast - und als aufmerksamer Leser merkt man das auch. Die Texte wirken wie ein Begleitbuch zu dieser Sendung. Man erspürt hinter jedem Kapitel, dass da noch mehr zu holen ist. Was insofern geschickt gemacht ist - man wird als Leser angeregt, tiefer zu graben. Oder eben den Podcast zu hören.

Sehr faszinierend ist die hochwertige journalistische Arbeitsweise, die hinter dem Buch steckt. Florian Klenk versteht sein Handwerk, er bereitet die Informationen ansprechend auf, ist gut verständlich, und geht mit äußerster Empathie für sein Thema vor. Und en passant versteht er es, den Mediziner mit seinen kleinen Marotten zu porträtieren.

Ein wenig seltsam ist nur das Kapitel aus Reiters Sicht geschrieben - er schildert seine Laufbahn. Und dieses Kapitel steht völlig unkommentiert mitten im Buch. Hm! Da hätte man sich eine logischere Vorgehensweise gewünscht. Auch eine kleine Herausforderung: zahlreiche österreichische Sprachbildungen, die unkommentiert bleiben. Was aber auch wieder seinen Charme hat.

Insgesamt ist dies ein großes Lesevergnügen, das eben nur anderes bietet, als zunächst erwartet. Es ist eine Mischung aus Biographie, Journalismus und True Crime.