Pageturner!
Dieses Buch hat mich wirklich überrascht. Oder besser: Ich war jeden Tag aufs Neue von mir überrascht, wie sehr es mich gefesselt hat. Hera Lind hat die Gabe, sich in Zeit, Umgebung und vor allem in die Menschen, die sie erreichen will hineinzuversetzen. Der Stil erinnert mich an die Art und Weise, wie meine Großeltern (ich selbst bin Jahrgang 1966) noch mit mir gesprochen haben. Der respektvolle Ton im Umgang miteinander, keine Eile in der Sprache, dafür ein tiefgründiger Blick in den Menschen. Dabei hat sie keine Scheu die Abscheulichkeiten der russischen Kriegsgefangenschaft mit allem Leid darzustellen, ohne mit Brutalität im Wort um sich zu werfen. Sie beschreibt einfach, wie es gewesen sein muss: kalt, unfassbar unmenschlich und mit wenig Aussicht auf Hoffnung. Obwohl – und das hat mich am meisten fasziniert – Lydia und ihre Familie genau das nie aufgegeben haben: die Hoffnung. Zum Ende scheint sie zu siegen ... doch was bleibt, wenn man durch diese Hölle gegangen ist – und wie lange bleibt es lebendiger Teil der Familiengeschichte? Lesenswert!