Sehr anregend, aber auch sehr mühsam

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darcy Avatar

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Wieder mal ein Buch, bei dem der Klappentext irreleitend ist. Niemand in dem Buch behauptet, das Vampire in dem Film mitspielten. Auch von einem Fluch ist nicht die Rede, auch wenn rund um die Suche um diesen verschollenen Film einige Merkwürdigkeiten passieren.

Scott McKenzie arbeitete einst unter dem FBI-Chef Hoover. Nun ist er pensioniert und wird von dem Sammler Ackerman beauftragt, einen verschollenen Stummfilm zu finden. Man geht davon aus, das 90% der gedrehten Filme damals vernichtet wurden. Unabsichtlich, durch Feuer oder falsche Lagerung, oder aber sie wurden einfach auch aus Platzmangel vernichtet. Niemand ahnte, das Film einmal als Kunst gelten würde und sich Menschen viel später für diese Kunst interessieren würden. Ackerman ist hinter dem Film "Nach Mitternacht" her, den er einst als Jugendlicher sah. McKenzie lässt sich, warum auch immer, von diesem Eifer anstecken und hechtet schon bald auf abenteuerliche Weise hinter diesem Film her. Dabei verschlägt es ihn nach Mexiko und in den Regenwald zu einem absonderlichen Schloss. Sein Leben gerät das ein oder andere mal in Gefahr.

Zu meinem Erstaunen musste ich feststellen, das es diesen Film "Nach Mitternacht" tatsächlich gab und das er als verschollen gilt. Man kann über google einige Szenenfotos finden. Auch die meisten der erwähnten Menschen, inklusive der Schauspieler und dem Sammler Ackerman, kann man im Netz finden. Es existiert auch das phantastische Schloss des Edward James im südamerikanischen Dschungel. Zu Beginn ist die Geschichte recht interessant. Die Story um die verschollenen Filme, um diesen speziellen Film, ist schon spannend. Ein großer Pluspunkt dieses Buches ist in meinen Augen, das es so viele neue Ideen und Hinweise auf Dinge enthält, von denen ich vorher keine Ahnung hatte. McKenzie verbeißt sich in die Suche nach dem Film, gerät an mysteriöse Leute und nach und nach wird die Geschichte immer bizarrer und surrealer. Es gibt immer mal wieder Rückblenden in McKenzies Leben, vor allem in seine Zeit unter Hoover. So gibt es einen Einschub, in dem er Lee Harvey Oswald verfolgte und beinahe festgenommen hätte in Mexiko, bevor er John F. Kennedy ermorden konnte. Vor allem aber ist die Episode im Dschungel an diesem seltsamen Schloss recht bizarr.

Was an diesem Buch aber vor allem schwierig ist, ist der Schreibstil. Einerseits ist er flüssig und aus einem Guss, andererseits aber verzichtet er auf Ansätze und wörtliche Rede wird einfach so in den Erzählfluss eingebaut. Wer gerade spricht oder antwortet muss man sich oft einfach denken und zusammenreimen. Fast hat man das Gefühl, die Geschichte wird ohne jedwede Interpunktion erzählt. Das ganze Buch ist voller Seiten in reinem Blocksatz. Lücken gibt es nur, wenn ein Kapitel endet. Das macht das Lesen etwas mühsam. Man gewöhnt sich zwar daran, auch kann der Autor geschickt Zeichen setzen, wer gerade spricht, aber trotzdem hat das ganze etwas erschlagendes. Seiten voller Wörter, ohne jede Pause für das Auge sind schon anstrengend. Und nach ca. der Hälfte des Buches erlahmt das Ganze auch etwas. Sowohl der andersartige Erzählstil sowohl auch die Story verlieren an Reiz und an Fahrt. Die Geschichte verliert sich in surrealen Szenen. Was zuerst noch als ungewöhnliche Schnitzeljagd erscheint, wird schon bald etwas mystisch und überfrachtet mit Tiefgründigkeit.

"Um Mitternacht" wirft einen interessanten Blick auf die Stummfilmzeit und ihre Schätze, nicht zuletzt auch auf die Liebhaber in der heutigen Zeit. Ein paar interessante Fragen wirft es auch auf. Ich habe viel gegoogelt und viel interessantes gelesen. Andererseits ist es ein vom Stil her schwieriges Buch, das leider nach einer Weile abdriftet und die inhaltliche Qualität nicht durchgehend halten kann. Die fehlende Anzeige der wörtlichen Rede, das wie in einem langen Satz erscheinende Erzählweise machen das Lesen etwas mühsam. Zu Anfang war ich recht angetan, aber nach ca. der Hälfte zeigte ich doch Ermüdungserscheinungen und habe etwas gequält weitergelesen. Vor allem die Rückblenden zu Edgar J. Hoover haben sich mir nicht so wirklich erschlossen. So hat mich das Buch, trotz toller Ideen und Anregungen nicht wirklich überzeugen können. Nicht zuletzt auch, weil überhaupt keine Charaktere wirklich Format gewinnen und mir als Leser nahe kamen.