Ungenutztes Potenzial

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
ewa Avatar

Von

Ein geheimnisumwitterter, verschwundener Stummfilm, ein Sammler, der ihn vor Ausbruch seiner Alzheimererkrankung unbedingt noch einmal sehen will, und ein ehemaliger FBI-Agent mit früher engen Verbindungen zum Mysterium Hoover, der ihn finden will.
Forrest Ackerman ist ein passionierter Sammler und Experte für Filme aus dem Bereich Science-Fiction und Fantasy, der als Kind den Stummfilm „Um Mitternacht“ gesehen hat, was seine Faszination weckte. Leider gilt der Film als verschollen, da die letzten Kopien anscheinend bei einem Brand zerstört wurden. Wie bei vielen verschollen geglaubten Dingen, ranken sich aber viele Mythen um diesen Film und immer mal wieder behaupten Menschen, sie hätten ihn gesehen. Mit der Zeit entwickelte sich zudem die Überzeugung, der Film sei verflucht, denn überall wo man ihn aufbewahrte geschahen Unglücke und viele, die ihn sahen, sind tot. Da Ackermann das Vergessen durch eine Alzheimerdiagnose droht, will er den Film ein letztes Mal sehen und beauftragt den ehemaligen FBI-Agenten Scott McKenzie. Dieser macht sich auf eine abenteuerliche Suche, die ihn schlussendlich ins tiefste Mexiko führen wird. Dabei scheint an dem Fluch etwas dran zu sei, denn nicht nur gestaltet sich die Suche äußerst kompliziert, er hat es auch noch mit einem mysteriösen Millionär und Sammler zu tun, der anscheinend ein ganz eigenes Interesse an dem Film hat und über Leichen geht, um es zu wahren.
Der inhaltliche Ansatz verspricht viel und die Thematik bietet ein großartiges Potenzial und doch will der Funke beim Lesen nicht so wirklich überspringen. Dabei liegt es gar nicht mal an der fehlenden Interpunktion der wörtlichen Rede, die es manchmal sehr mühsam macht, den Dialogen zu folgen; man gewöhnt sich mit der Zeit daran. Auch die Tatsache, dass der Autor anscheinend seine Hausaufgaben gemacht hat und das ganze Werk sehr gut recherchiert scheint (wer möchte, kann die Fakten zu Ackerman und „Um Mitternacht“ sowie der Person Hoover selbst nachlesen) spricht eher für das Buch. Doch hatte ich mir mehr erwartet. Ein verschollener Film, verschwundene Zuschauer, mysteriöse Geschichten von Vampiren: Das alles bietet viel Potenzial für eine spannende Geschichte und wird doch nicht ausgeschöpft. Die ständigen Rückblenden von Agent McKenzie in seine Vergangenheit mit Hoover sind zwar interessant, wirken aber irgendwie deplatziert, bleiben ohne richtigen Zusammenhang zum Rest der Geschichte und lassen einen zwischendurch vergessen, dass man eigentlich auf der Suche nach einem verschollenen Film ist. Besonders nach den sehr langen Exkursen, findet man schwer wieder in die ursprüngliche Handlung hinein. Außerdem bleiben die Nebenfiguren irgendwie oberflächlich und werden meist völlig ohne Erklärung eingeführt und verschwinden wieder. Die geheimnisvollen Ereignisse, die den Film umwittern („die Schatten erreichen mich“) nehmen mit der Zeit ab und werden auch nicht weiter verfolgt und der mysteriöse Gegenspieler, von dem wir nie erfahren, was seine Absicht ist, stirbt am Ende oder auch nicht.
So bleibt man nach Ende der Lektüre irgendwie ratlos und mit vielen noch offenen Fragen zurück, die den Helden aber nicht zu kümmern scheinen. Insgesamt bewegt sich das Buch zwischen der Thematik Filmgeschichte und FBI-Mythos, die beide für sich genommen interessant, in dieser Zusammenstellung aber unausgereift bleiben, da sie nicht für die Gesamthandlung verschmelzen, sondern irgendwie separat bleiben. Schade, denn so bleibt ein etwas unrundes Werk, das seine tolle Thematik nicht ausschöpfen kann.