Eine Geschichte über Familie, Zugehörigkeit und Heimat

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joodie Avatar

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Mich hat "Und dahinter das Meer" sehr berührt. Immer wieder hat sich mir beim Lesen der Hals zugeschnürt vor Rührung, Traurigkeit oder einem unbestimmten Gefühl von Sehnsucht. Vor allem im ersten Teil, der die fünf Jahre beschreibt, die die Protagonistin Beatrix während des Krieges bei ihrer Gastfamilie in den USA verbringt. Alleine die Vorstellung, mein eigenes Kind für ungewisse Zeit so weit wegschicken zu müssen oder selbst als Kind ins Ungewisse verschifft zu werden, treibt mir die Tränen in die Augen. Ebenso das Vermissen eines besonderen Lebensabschnitts, der unwiederbringlich vorbei ist, kann ich gut nachempfinden.

Doch trotz des dramatischen Hintergrunds ist dies keine Geschichte einer schweren Kindheit oder eines schweren Schicksals. Beatrix geht es gut bei ihrer Gastfamilie, die immer mehr zu ihrer eigenen wird. Und gleichzeitig kommt ihr das Leben zuhause in London immer ferner vor, ihre Eltern immer fremder, was in dem Mädchen natürlich Schuldgefühle auslöst. Schließlich kehrt sie nach fünf Jahren mit 16 wieder zurück nach Hause. Doch so wirklich ankommen tut sie in der alten Heimat nicht. Und erst viele Jahre später findet sie wirklich zu sich und in ein Zuhause.

Besonders gefallen hat mir an diesem Buch die Ruhe und Sanftheit, mit der die Autorin die Geschichte erzählt, und die tiefe Liebe und Verbundenheit, die man zwischen den verschiedenen Charakteren (zwischen denen die Erzählperspektive immer wechselt) spürt. Ungewöhnlich fand ich am Erzählstil, dass die direkte Rede im Fließtext eingebaut ist, nur durch kursive Schrift gekennzeichnet (nur in einem der vier Buchteile ist es anders, warum, habe ich nicht ganz verstanden). Das trägt ebenfalls zu der Ruhe bei, die dieses Buch ausstrahlt.

Besonders der erste Teil hat mich richtig verzaubert und berührt. Um die Mitte des Buches fand ich es teilweise etwas deprimierend und zäh, weil dort auf die trotz Krieg doch irgendwie magische Kindheit von Beatrix und ihren zwei (Gast-)Brüdern nun viele eher unglückliche Jahre folgten voll Suche nach Identität und Zugehörigkeit, Suche nach dem eigenen Weg, Jahre des schmerzhaften Auseinanderlebens und Vermissens einer Vergangenheit, die vorbei ist. Erst zum Ende des Buches stellt sich wieder ein positives Gefühl von Ankommen und Richtig sein ein und für meinen Geschmack hätte das Happy End dann auch etwas länger ausgekostet werden können.

Trotzdem ein wunderschönes Buch, was ich sicherlich weiterempfehlen werde!