Technische Schwächen

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mirko Avatar

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Eins vorweg: der Roman konnte meine Erwartungen bei weitem nicht erfüllen. Das ist insofern schade, als man durchweg spüren kann, dass die Autorin ihre Figuren liebevoll erschaffen hat und mit Herzblut ans Werk gegangen ist. Letztlich hat aber das Handwerkszeug gefehlt, das Ganze in eine passende Form zu gießen…
Relativ schnell habe ich gemerkt, dass ich immer wieder beim Lesen den Fokus verloren habe. Es fiel mir schwer, mich auf die Geschichte einzulassen bzw. mich in ihr zu verlieren. Ich denke, dass es dafür mehrere Gründe gibt: Zum einen nutzt Spencer-Ash stets sehr kurze Kapitel, denen immer ein Charakter vorangestellt ist. Auch wenn in der dritten Person erzählt wird, sind es die Gedanken dieses Charakters, die das jeweilige Kapitel bestimmen. Das führt leider dazu, dass man häufig und sehr schnell von einer Richtung in eine andere gestoßen wird. Die grundsätzlich spannende Idee, die Geschichte einer Frau zu erzählen, die zwischen zwei Kontinenten und zwei Familien hin- und hergerissen ist, gerät dadurch aus ihrer Balance. Gerade vor dem Hintergrund des Plots wäre es wichtig gewesen, den jeweiligen Figuren mehr Zeit zu geben, um in den Gedanken und im Herzen der Leser zu wachsen.
Ein weiterer Bruch entsteht dadurch, dass die Autorin sich entschieden hat, keine Anführungszeichen zu benutzen. Dialoge werden kursiv wiedergegeben. Mir hat sich überhaupt nicht erschlossen, warum man sich letztlich dafür entschieden hat. Denn es trägt rein gar nichts dazu bei, die Geschichte in irgendeiner Weise voranzutreiben. So bleibt es für mich ein Selbstzweck, welcher der Geschichte nicht hilft, sondern ihr im Gegenteil sogar schadet.
Was noch? Immer dann, wenn es im Verlauf des Romans die Möglichkeit gegeben hätte, den Leser stärker zu berühren, verliert sich die Autorin in Nebensächlichkeiten oder sie springt in der Zeit, was sich dem Leser erst dadurch erschließt, dass ein neuer Charakter auftaucht. Auch hier konterkarieren die kurzen Kapitel das, was möglich gewesen wäre. So sind es möglicherweise die kleinen, technischen Finessen, die dafür sorgen, dass die Geschichte für mich nicht funktioniert hat. Man kann ihr folgen, aber es ist anstrengend und nimmt dem Roman das, was er eigentlich gerade braucht.
Ich glaube sehr wohl, dass er seine Fans finden wird. Der Autorin und der Leidenschaft, die man ihr auf gar keinen Fall absprechen kann, wäre dies zu gönnen. Für mich hat es leider nicht funktioniert.