Leben und Sterben

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Dieses Büchlein mit dem seltsamen Titel hätte ich mir wohl nie gekauft. Trotzdem bin ich froh, dass ich es gelesen habe, weil Susann Peszor einen wirklich guten Roman geschrieben hat, der in Kürze alles aussagt, sowohl über das Leben als auch über den Tod.
Das der Tod zum Leben gehört, das der Tod möglichst selbstbestimmt sein soll... Das alles sind nicht nur Phrasen, sondern das wird im Buch wirklich gelebt. Karla lebt uns vor, wie ein selbstbestimmter Tod gelingen kann, ohne das die sehr unangenehmen Seiten wie Schmerzen und Nicht-Loslassenwollen ausgespart bleiben oder beschönigt werden. Wir treffen Karla in ihrer letzten Lebensphase. Sie ist mit sich im Reinen, hat vieles geregelt und ist nicht bereit die letzte Zeit ihres Lebens dahinzusiechen.
Dass sie ein abwechslungsreiches, tolles Leben gehabt hat ist einerseits hilfreich, andererseits fällt das Loslassen umso schwerer.
Dass sie keine Familie an ihrer Seite hat, wird durch die Menschen im Haus mehr als wettgemacht. Diese "zwielichtigen" Gestalten entpuppen sich als hilfsbereit, warmherzig, mitfühlend und immer da, wenn man sie braucht.
Eine besondere Rolle fällt Fred, dem professionellen Sterbebegleiter zu, der gar nicht so professionell ist. Obwohl die Beziehung nur einige Wochen währt und einen sehr holprigen Beginn hat, wird daraus noch eine echte Seelenverwandschaft. Genauso wie zu seinem Sohn Phil, der durch die Freundschaft zu Karla eine ganz neue Seite an sich entdeckt und in dieser intensiven Zeit einen guten Schritt in Richtung Erwachsenwerden geht. Auch die Beziehung zwischen Vater und Sohn entwickelt sich erfreulich.
Was es mit der Beziehung von Karla und ihrer Schwester auf sich hat, kann man nur erahnen. Ich vermute, es geht um eine Mißbrauchsgeschichte, die sich vor mehr als vierzig Jahren ereignet hat, und bei der Gudrun Mitwisser war. Was immer es war, bei Karla hat es tiefe Spuren hinterlassen und es ist ihr gutes Recht und ihre alleinige Entscheidung, wenn sie sich mit ihrer Schwester nicht versöhnen will.
Gefallen hat mir der Schreibstil, der eher emotionslos daherkommt (besonders bei Karla) und die Einteilung in die verschiedenen Kapitel in denen immer einer der Protagonisten zu Wort kommt.
Ein rundum gelungenes Werk!