Unter jedem Dach ein Ach

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kainundabel Avatar

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Unter jedem Dach ein Ach

Wir schreiben das Jahr 1950, der Krieg erst fünf Jahre vorbei, die Folgen überall spür- und sichtbar. „Unter jedem Dach ein Ach“ trifft in der Tat auf jede der drei Familien zu, denen man in diesem Roman begegnet. Da ist die Familie Aldenhoven im zerbombten Köln, man lebt in drangvoller Enge, die Galerie des Familienvaters wirft wenig ab, den Menschen fehlen „die Wände für die Bilder“. Die Borgfeldts in Hamburg haben ein bescheidenes Auskommen, warten aber seit Jahren auf den in Russland vermissten Ehemann der Tochter Nina. In San Remo führen die Cannas ein komfortables Leben, die Matriarchin Agnese scheint die Ihren im Griff zu haben. Während in Köln die restlichen Häuserfassaden vom Einsturz bedroht sind, setzt die alte Dame alles daran, die äußere Fassade ihres Clans standesgemäß aufrecht zu halten. So hat jeder sein Päckchen zu tragen, schlägt sich je nach Naturell unterschiedlich mit den Gegebenheiten herum, offensiv, resignierend, verzweifelnd, couragiert. Gelegenheit dazu bietet der umfangreiche Roman zur Genüge, und die freundschaftlichen bzw. verwandtschaftlichen Familienbande werden immer diffiziler miteinander verwoben.
Carmen Korn beherrscht ihr Metier, Historie und persönliche Schicksale kurzweilig und unterhaltsam miteinander zu verbinden. Das weiß man seit ihrer Jahrhunderttrilogie sehr zu schätzen. Hier begleitet sie die drei Familien durch das 1950er Jahrzehnt in chronologischer Reihenfolge und in erfreulich schnellem Szenen- und Ortswechsel. Sie erzählt knapp, dabei präzise und ohne jegliche Umschweife, bringt die Handlung auf den Punkt, entwirft Charaktere, die jede Person zu einem „Typ“ werden lassen. Unterhaltsam, humorvoll, traurig, anregend und für die 50er-Jahre Generation eine nostalgische Reminiszenz an eine gar nicht so heile Welt.