Unterhaltsame Familiensaga zur Nachkriegszeit

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INHALT
1. Januar 1950: In Hamburg, Köln und San Remo begrüßt man das neue Jahrzehnt. Das letzte hat tiefe Wunden hinterlassen: in den Städten, in den Köpfen und in den Herzen. Gerda und Heinrich Aldenhovens Haus in Köln platzt aus allen Nähten. Heinrichs Kunstgalerie wirft längst nicht genug ab, um all die hungrigen Mäuler zu stopfen. In Hamburg bei Gerdas Freundin Elisabeth und deren Mann Kurt macht man sich dagegen weniger Sorgen um Geld. Als Werbeleiter einer Sparkasse kann Kurt seiner Familie eine bescheidene Existenz sichern. Nach mehr Leichtigkeit im Leben sehnt man sich aber auch hier. Schwiegersohn Joachim ist noch immer nicht aus dem Krieg zurückgekehrt. Margarethe, geborene Aldenhoven, hat es von Köln nach San Remo verschlagen. Das Leben an der Seite ihres italienischen Mannes scheint sorgenfrei, doch die Abhängigkeit von der Schwiegermutter quält Margarethe.

So unterschiedlich man die Silvesternacht verbracht hat - auf Jöck in Köln, still daheim in Hamburg, mondän in San Remo -, die Fragen am Neujahrsmorgen sind die gleichen: Werden die Wunden endlich heilen? Was bringt die Zukunft?



(Quelle: Rowohlt- Erscheinungsdatum: 29.09.2020 - ISBN: 978-3-463-40704-3)


MEINE MEINUNG
Der Roman „Und die Welt war jung" ist der gelungene Auftakt einer neuen, auf 2 Bände angelegten historischen Familiensaga von der deutschen Bestsellerautorin Carmen Korn, in der uns die Autorin tief eintauchen lässt in die spannende deutsche Nachkriegszeit. Im Mittelpunkt des ersten Bands stehen drei befreundete bzw. miteinander verwandte Familien in den Städten Köln, Hamburg und San Remo leben, deren Leben wir über einen Zeitraum von fast einem Jahrzehnt hinweg begleiten.
Beginnend im Jahr 1950 bis hinein ins Jahr 1959 folgen wir den Familien Aldenhoven aus Köln, den Hamburger Borgfeldts und der Familie Canna in San Remo jeweils durch ihr bewegtes Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, haben Anteil an ihren Hoffnungen, Träumen und glücklichen Momenten, erleben sie aber auch mit ihren Sorgen, Enttäuschungen, herben Verlusten und Schicksalsschlägen. Es ist ein faszinierendes Jahrzehnt der Umbrüche und eine Zeit der Neuanfänge, die geprägt ist von den Nachwehen des grausamen Kriegs, dem Wunsch, die schlimmen Erlebnisse hinter sich zu lassen, verbunden mit der großen Hoffnung auf bessere Zeiten und ein glücklicheres Leben. Diese sehr unterhaltsame und abwechslungsreiche Geschichte wird zugleich getragen von bemerkenswert tatkräftige und starke Frauenfiguren, die das traditionelle Rollenbild hinter sich lassen wollen und ein selbstbestimmtes, emanzipiertes Leben für sich suchen. Zum besseren Überblick über die vielen Charaktere und ihre Beziehungen zueinander sind dem Roman ein ausführliches Personenregister sowie die Skizze eines Familienstammbaums vorangestellt, die man zum den Einstieg in die Saga zu Rate ziehen kann.
Dank des angenehmen und lebendigen Erzählstils gelingt es der Autorin rasch, ihre Leser in die historische Vergangenheit der Nachkriegszeit eintauchen zu lassen und die verschiedenen Familienmitglieder zum Leben zu erwecken. Es gelingt der Autorin hervorragend, das damalige Zeitkolorit mit vielen, akribisch recherchierten Details und dem Einflechten einiger zeitgeschichtlicher Ereignisse einzufangen und uns sehr lebendig und authentisch zu vermitteln. Aber auch den charakteristischen Zeitgeist dieser Epoche und die allgegenwärtige Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung führt uns die Autorin anhand vieler anschaulich beschriebener Episoden aus dem Alltag und in den Dialogen ihrer Charaktere sehr nachvollziehbar und glaubhaft vor Augen. Hierbei greift sie auch emotionale, problembehaftete Themenkomplexe wie beispielsweise das Schicksal der vermissten Soldaten und ihrer in quälender Ungewissheit wartenden Angehörigen sowie der traumatisierten Kriegsheimkehrer auf. Auch gelegentliche Rückblicke auf die Nazidiktatur und die Aufarbeitung der Nazigräuel werden angesprochen.
In den sich abwechselnden Handlungssträngen verfolgen wir aus den unterschiedlichen Perspektiven, was das Leben den drei Familien an Überraschungen, Herausforderungen und Problemen bereit hält und welche Entwicklungen die einzelnen Charaktere im Lauf der Zeiten durchlaufen. Ob nun Gerda und Heinrich Aldenhoven in Köln, die durch Heinrichs schlecht laufende Kunstgalerie von Geldsorgen geplagt sind, ihre Hamburger Freunde Elisabeth und Kurt Borgfeldt, deren Tochter Nina mit ihrem kleinen Sohn immer noch auf die Heimkehr ihres in Russland vermissten Manns Joachim wartet und sich nicht auf ein neues Glück einlassen kann, oder schließlich Heinrichs Schwester Margarethe, die mit ihrer Familie in San Remo lebt und unter der herrischen Schwiegermutter Agnese zu leiden hat – die Autorin versteht es einfach, uns mit mitreißenden, abwechslungsreichen Episoden zu unterhalten. Durch ihre einfühlsamen Schilderungen erweckt die Autorin die verschiedenen Charaktere geschickt zum Leben. Ihre Figuren sind trotz der großen Vielzahl recht detailliert und liebevoll ausgearbeitet, so dass sie mit ihren Marotten, Launen und Eigenheiten äußerst lebensnah wirken. Bei einigen von ihnen hätte ich mir allerdings etwas mehr Tiefgang gewünscht. Gekonnt bringt die Autorin einem auch die Gedankenwelt der Protagonisten näher, so dass mir einige von ihnen im Laufe der Saga sehr ans Herz gewachsen sind.
Für zusätzliche Spannung und Abwechslung sorgt zudem eine fesselnde, in die Handlung eingewobene Kriminalgeschichte, die uns in die Kunstszene entführt.
Nach einem überraschenden, etwas plötzlichen Ende des ersten Bands darf man sehr gespannt sein, wie sich die Geschichte für drei Familien mit den vielen Charakteren weiterentwickeln wird.

FAZIT
Eine kurzweilige Familiensaga zur Nachkriegszeit - abwechslungsreich erzählt, mit authentischem Zeitkolorit und vielen interessanten Charakteren, denen teilweise aber etwas mehr Tiefgang nicht geschadet hätte.