Und Niemand wollte danach etwas davon hören!

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rauschleserin54 Avatar

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Ein kleines in edlem silbergrauen Leinen gebundenes Buch mit schwarzem Titel und der Name der Autorin und des Verlages in gelb als kleiner Lichtpunkt.
Vielleicht weil sie überlebt hat? Vielleicht weil sie nicht aufgibt? Vielleicht weil es nicht immer dunkel bleiben soll? Vielleicht weil es für sie die große Liebe zum dem Vater gab? Vielleicht auch weil er immer ihr Licht im Dunkel war?
Ich weiß es nicht! Genau wie schon allein der Umschlag des Buches zu vielen Deutungen anregt, so lassen mich die Gedanken des Inhaltes nicht mehr los. Sollen sie auch nicht. Sie beeindrucken mich
tief und lehren mich demütig zu sein.

„Ich bin ein fröhlicher Mensch gewesen, weißt du, trotz allem, was uns widerfahren ist.
Fröhlich auf unsere Art, aus Rache dafür, dass wir traurig waren und dennoch lachten“.
So beginnt die Geschichte einer großen Frau, die ihresgleichen sucht:

Marceline Loridan-Ivens ist fünfzehn, als sie zusammen mit ihrem Vater deportiert wird.
Sie nach Birkenau, er nach Auschwitz. Sie überlebt, er nicht. Siebzig Jahre später schreibt sie ihm einen Brief, den er niemals lesen wird. - So steht es auf der Buchrückseite.

Vater und Tochter sind 3 km getrennt in einer Umgebung des Grauens, den Gaskammern, unendlichem Leid, Abgestumpftheit, Wahnsinn und der Geruch nach brennendem Fleisch.Die Autorin beschreibt den Alltag dort, wir sind hautnah dabei und trotzdem können wir die Unermeßlichkeit ihres Leidens nur ansatzweise begreifen.
Einmal konnte ihr Vater ihr eine Nachricht übermitteln. Sie hat die Worte vergessen. Sie grübelt ihr Leben lang darüber nach.

Sie fragt sich auch ein Leben lang, warum nicht er, ihr Vater überlebt hat, statt sie selbst.
Ihn hätten der kleine Bruder und die Schwester doch viel mehr gebraucht.
Ihr fällt die Integration in das normale Leben nach der Rückkehr unendlich schwer. Zumal ihr niemand zuhört, sie alles schnell vergessen soll. So denkt auch die Mutter. Wie schrecklich?
Wie unendlich grausam, sie mit diesem Trauma allein zu lassen.
Sie findet später eigene Wege zur Auseinandersetzung und um Zeichen zu setzen.

Die Autorin spricht nicht nur intensiv, leise und doch sprachgewaltig über die Zeit und die Zeit danach, sondern sie nimmt uns mit. Das ist ein“einzigartiges Zeugnis von eindringlicher moralischer Klarheit“, sagt „Elle“. Das ist es und es wird wieder dringend gebraucht in der heutigen Zeit, in der wieder Ängste der Unwissenden auftreten und diese sich in hetzerischen Kommentaren gegen das Unbekannte, Fremde äußern.

Ein Werk, dass wachrüttelt und trotz allem findet die Autorin noch kleine positive Aspekte:
Sie schließt während der grausamen Zeit Freundschaften, sie sagt sogar: „Es ist beinahe ein Glück zu wissen wie unglücklich man sein kann“, noch nicht ganz abgestumpft, noch in Liebe um den Vater besorgt. Sie wiederholt den Satz auch später noch: „Ich liebte dich so sehr, dass ich glücklich war, mit dir deportiert zu werden“.

Dieses Buch werde ich immer aufheben, um dem freien Leben, wie ich es führen darf, demütig zu begegnen, vielleicht aus ihm vorzulesen.Auf jeden Fall werde ich es weiterempfehlen!
Hochachtung vor Ihnen Marceline-Loridan-Ivens, danke für Ihre Kraft und ihre Unermüdlichkeit die Menschen wachzurütteln!