Du kommst in dem Roman vor!

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jennifer081991 Avatar

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Du kommst in dem Roman vor!

Klassenausflug in die Bibliothek zu einer Lesung. Was eine langweilige Schulstunde zu werden versprach, entwickelt ungeahnte Konsequenzen: Die 14-jährige Kim erkennt sich in der Hauptfigur des vorgelesenen Romans wieder! Sie ist schockiert, weiß nicht, was sie tun soll. Mit ein wenig zusammengerafften Mut und der Hilfe ihrer besten Freundin traut sie sich in die Buchhandlung und kauft sich das vermaledeite Buch. Fortan kämpft sie mit sich und dem Buch, jede Seite liest sie mühsam, die Geschichte liegt ihr schwer im Magen. Denn nicht nur sie wird haargenau beschrieben, auch ihr Klassenkamerad Jasper. Und für den hat die Geschichte kein gutes Ende vorgesehen... Kann die Autorin das vermaledeite Buch nicht umschreiben?

Traum oder Alptraum?

Die Grundidee fand ich schon einmal klasse: Nicht nur findet sich ein Teenager im Roman, der ansonsten ein Buch nur eines müden Blickes widmen würde. Die Frage, wer sich eigentlich in einer Romanfigur selbst wiedererkennt wird an mehreren Stellen sehr interessant gestellt.

Die Hauptfigur Kim ist dabei klassischer Tennie - es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte Chantal heißen können. Umso realistischer aber ihre Verzweiflung, ihre Hilflosigkeit gegenüber der Autorin, die sich so einfach weigert, das gedruckte Buch jetzt irgendwie umzuschreiben und ein besseres Ende zu erfinden. Kim ist ein typischer Problem-Teenager, die Eltern geschieden, die beste Freundin intelligent, aber nicht hübsch. Ihre Versuche, Wirklichkeit und Fiktion auseinanderlaufen zu lassen sind zum Teil komisch, zum Teil aber auch einfach nachvollziehbar in ihrer Naivität.

Das Sich-selbst-finden-im-Buch ist für sie keine Identitätshilfe, sondern absoluter Alptraum. Interessant ist dabei besonders ihre beste Freundin, die zuerst als Gegenpol ihrer Angst ist und schließlich zu ihrer größten Unterstützerin wird, soweit, dass die Freundschaft sich fast entzweit. Bronsky spinnt ein schräges Spiel um Fiktion und Wirklichkeit, das zu lesen große Freude bereitet hat.

Sprachlich ist dieser neue Bronsky natürlich an dieses jugendliche Milieu angelehnt, das er schildert. Da ich zuletzt gerade erst Baba Dunjas letzte Liebe von Bronsky gelesen hatte und von der sprachlichen Schlichtheit, von dieser völligen Akzeptanz und ruhigen Erzählart begeistert war, musste ich mich in diesen neuen Tonfall erst ein wenig reindenken. Nachdem dies gelungen war, konnte ich mich jedoch voll auf das Realitätsspiel einlassen und von dem Witz der Geschichte verführen lassen.

Fazit: Interessante Idee, aber sprachlich irgendwie nicht ganz rund für mich - Wer "Baba Dunjas letzte Liebe" las und liebte, könnte enttäuscht sein. Dennoch bietet Und du kommst auch drin vor ein interessantes Jugendbuch - für Jugendliche, aber auch über Jugendliche geschrieben.