Die Finken und das Geld

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
ismaela Avatar

Von

Die Vorstellung, zwei zauselige alte Männer wie Darwin und Marx treffen aufeinander und führen Gespräche, ist wirklich reizvoll. Obwohl es nicht den Tatsachen entspricht - die beiden haben sich nie persönlich getroffen - hat Ilona Jerger hier ein wunderschön leises Buch geschrieben, voller Wärme und Zuneigung. Man merkt den Figuren an, dass sich die Autorin viel Zeit mit der Recherche gelassen hat; vor allem Darwin zeichnet sie so einfühlsam nach, dass ich bei der Beschreibung seines Todes Tränen vergossen habe.

Den Zwiespalt, in dem Darwin steckt, modelliert Jerger sehr gut heraus; er möchte einerseits seine bahnbrechenden Forschungsergebnisse publizieren (was er auch fleißig getan hat), aber andererseits liegt es ihm schwer auf der Seele, als "Gottesmörder" hingestellt zu werden. Dementsprechend teilen sich auch die Kenner Darwins: die einen verehren, die anderen verteufeln ihn. Bei Marx ist es ähnlich. Die unterdrückten Massen sehen in ihm einen Heilsbringer, die Kapitalisten den Todfeind. Doch anders als Darwin verzettelt sich Marx im wahrsten Sinne des Wortes in seinen Notizen, Aufzeichnungen, Recherchen, und so bringt er gerade einmal den ersten Band seines "Kapitals" zu Papier, und verbringt seine Tage vor allem mit Rauchen und Aufschieben.

Im Buch treffen Darwin und Marx nur ein einziges Mal aufeinander, bei einem Abendessen, das regelrecht aus dem Ruder läuft, und auch da nur relativ kurz - nämlich in Darwins Garten. Das hätte ich mir ein bisschen ausführlicher gewünscht. Denn dieses Treffen macht gleichzeitig auch die "Spannung" im Buch aus. Dieses Aufeinanderprallen dieser beiden Charaktere. Ansonsten werden die letzten Lebensjahre vor allem von Darwin beschrieben, und auch wenn die Personenzeichnung von Jerger sehr gut umgesetzt wurde, trägt diese allein die Geschichte.

Durch die Lektüre von Und Marx stand still in Darwins Garten habe ich meine Ausgabe von "Das Kapital" hervorgekramt und mir "Die Fahrt der Beagle" besorgt. Nicht schlecht.