Das Leben danach

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darcy Avatar

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Wie lebt man damit, wenn man als Kind jahrelang gefangen gehalten, misshandelt und vergewaltigt wurde?
Wir lernen Reeve kennen, der genau das geschah. Inzwischen eine junge Erwachsene, leidet sie immer noch unter den Folgen dieser grauenhaften Erfahrung. Als ihr Psychologe zu einem ähnlichen Fall gerufen wird, bittet er sie als Beraterin dazu. Auch Reeve wurde damals durch jemandem geholfen, der ähnliches durchmachen musste wie sie und sie deswegen besser verstehen konnte als jeder andere. Tilly, das entführte und wiedergefundene Mädchen, erzählt Reeve jedoch ein Detail ihrer Entführung, das sie sonst niemandem erzählt hat. Und da Reeve ihr versprochen hat, nichts zu sagen, beschließt sie, selber ein wenig zu ermitteln.

Reeve macht im Laufe des Buches eine enorme Entwicklung durch. Durch Tilly, der sie beisteht, ist sie endlich dazu in der Lage, sich nicht mehr dauernd mit sich selber zu beschäftigen und alles, was um sie herum passiert, auf sich zu beziehen. Sie ist fast unvernünftig engagiert in der Sache und begibt sich in Gefahr, wenn sie sich z.B. unbewaffnet allein in die Nähe eines verdächtigen Hauses begibt.

Der Täter ist dabei von Beginn an dem Leser bekannt. Es geht in diesem Krimi nicht darum, den Täter zu finden, sondern darum, wie er schließlich zur Strecke gebracht wird. Das erweckte bei mir in der Mitte des Buches die Bedenken, das hier jetzt ein bemühtes Katz und Maus-Spiel von der Autorin betrieben wird. Das ist im Grunde auch so, trotzdem bleibt es spannend. Zwar begibt sich Reeve immer wieder haarsträubend gedankenlos in gefährliche Situationen, und ich empfand auch ihr bedingungsloses Festhalten an dem Schweigeversprechen angesichts der Situation sehr bedenklich. Aber andererseits muss man sich auch vor Augen halten, wie prägend und traumatisierend ihre Erfahrungen in ihrer Kindheit waren. Das ist auch die Stärke des Buches. Sehr anschaulich, auch ohne voyeuristische und grausliche Details, kann man spüren, welchen Einfluss auf die grundlegenden sozialen Fähigkeiten eines Menschen solch ein Erlebnis ist.

Der Autorin ist ein guter und spannender Krimi gelungen, dessen Ausgangspunkt ein sehr aktuelles und beklemmendes Thema ist. Die Krimihandlung an sich ist auch spannend, wenn auch relativ konventionell.