Rückkehr zur Normalität

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buecherfan.wit Avatar

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Carla Norton ist eine bekannte Gerichtsjournalistin und Bestsellerautorin von True-Crime-Stories. Mit “Und nachts die Angst” (Original: The Edge of Normal”) legt sie nun ihr Thrillerdebüt vor.

Der Roman beginnt mit einem Prolog sechs Jahre vor dem Einsetzen der eigentlichen Romanhandlung. Bei einem Verkehrsunfall wird die 16jähre Regina Victoria LeClaire nach fast vierjähriger Gefangenschaft aus der Gewalt ihres Entführers Daryl Wayne Flint befreit. Sechs Jahre später lebt die junge Frau unter dem Namen Reeve Le Claire in San Francisco, wo sie noch immer einmal wöchentlich ihren Therapeuten Dr. Ezra Lerner aufsucht. Sie hat große Fortschritte gemacht, ist aber immer noch weit von einem normalen Leben entfernt. Neben Albträumen hat sie Angst, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen und ist unfähig, Nähe zu einem anderen Menschen zuzulassen.

Dann passieren Dinge, die auch Reeves Leben berühren und verändern. Tilly Cavanaugh, eins von drei vor längerer Zeit entführten Mädchen wird aus einem verborgenen Keller befreit, nachdem einer Immobilienmaklerin Ungereimtheiten bei einem zum Verkauf stehenden Objekt aufgefallen waren. Tillys Eltern bitten über Dr.Lerner Reeve um Hilfe, weil sie als ehemaliges Opfer mit ähnlichen Erfahrungen am ehesten Zugang zu dem traumatisierten Mädchen finden könnte. Der Leser begleitet Reeve nach Jefferson City zu der Familie Cavanaugh, sieht aber auch einem Mann, der sich Duke nennt, bei seinen kriminellen Aktivitäten zu. Duke ist Spezialist für Überwachungstechniken und sitzt wie die Spinne im Netz. Er kennt den Stand der Ermittlungen, verfolgt alle polizeilichen Maßnahmen und beobachtet alle Personen, die für ihn von Bedeutung sind. Er besitzt eine perfekte Tarnung und kann so die meisten Menschen ausschalten, die ihm gefährlich werden könnten.

Obwohl der Leser den Täter fast von Anfang an zumindest unter seinem Tarnnamen kennt, ist der Roman spannend zu lesen. Der Autorin gelingt es sehr gut, eine Verlaufsspannung zu schaffen, an deren Ende die Enttarnung des Täters stehen wird. Es geht der Autorin aber nicht nur um die Lösung eines Kriminalfalls, sondern sie beschäftigt sich ernsthaft mit der Problematik von Entführungen und langer Gefangenschaft und ihren physischen und psychischen Auswirkungen auf die Opfer. Sie zeichnet beeindruckend Reeves Entwicklung nach, die sich aus ihrer Opferrolle befreit und als eigentlich unerwünschte zivile Ermittlerin aktiv an der Lösung mitwirkt, Sie erkennt Zusammenhänge, die der Polizei entgangen sind und hat lange Zeit einen Wissensvorsprung vor der Polizei, weil Tilly ihr ein Geheimnis anvertraut hat. Sie ahnt nicht, dass dieses Wissen sie in Lebensgefahr bringt.

Der Roman liest sich gut und überzeugt vor allem durch die sorgfältige Charakterisierung der Protagonisten.