Triebtäter

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sweetaddict Avatar

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Reeve LeClaire ist 22 Jahre alt. Ein junges Mädchen, das die Blicke der Männer auf sich zieht obwohl sie gar nicht versteht warum. Und das alles hängt mit ihrer Entführung zusammen. Damals als sie 12 Jahre alt war konnte sie ihrem Entführer knapp entkommen. Noch heute ist sie deshalb in Behandlung bei einem Psychiater, der sich auf die Behandlung ehemaliger Gefangener spezialisiert hat.
Mittlerweile kann Reeve ihren Therapeuten gut einschätzen und hat eine vertrauensvolle Beziehung zu ihm aufgebaut. Doch in der aktuellen Sitzung ist einiges anders. Der junge Arzt scheint abgelenkt und sein Handy klingelt mehrmals während der Sitzung. Reeve bemerkt am Rande, dass es mit dem Auftauchen der kleinen Tilly Cavanaugh zu tun hat, einem Mädchen, das durch Zufall ihrem Peiniger entkommen ist. Welche Wende wird das für Reeves Leben bedeuten? Und ist der Täter wirklich der Mann, der nun in U-Haft sitzt? Gibt es vielleicht sogar einen Zusammenhang mit dem verschwinden von zwei anderen jungen Mädchen?
Der 2013 im Knaur-Verlag erschiene Thriller „Und nachts die Angst“ von Carla Norton erschien im amerikanischen Original unter dem Titel „The Edge of Normal“ bei St. Martin´s Press. Die Autorin Carla Norton greift darin ein Phänomen auf, dass uns immer wieder in den aktuellen Medien begegnet. Kinder, insbesondere junge Mädchen verschwinden und niemand hat etwas bemerkt. Ihr Verbleib ist ungewiss und Eltern, Freunde und Polizei quälen sich mit dem Gedanken, ob die Mädchen je lebend gefunden werden. Norton zeichnet dabei eine Täter-Figur nach, die an Intelligenz und Strukturiertheit aber auch Brutalität, kaum zu überbieten ist. Auch die Protagonistin Reeve wird umfassend vorgestellt und arbeitet ihr Trauma im Laufe des Buches auf.
Das Buch hat keinen reinen Spannungsbogen. Vielmehr kann man sich die Handlung als wellenförmigen Verlauf vorstellen, der sich immer wieder ein wenig steigert und schließlich in einem Höhepunkt endet, der mich vollends mitgerissen hat. Obwohl der Täter bereits zu Beginn „relativ bekannt“ ist kann der Leser erst nach und nach die Fäden der Handlung aufsammeln und trotzdem bleibt der Ausgang stets im Ungewissen.
Insgesamt zählt „Und nachts die Angst“ zu den Büchern, die ich nahezu inhaliert habe. Mit seinen knapp 400 Seiten überzeugt es besonders durch die phantasievolle Gestaltung der Zusammenhänge. Das Einzige, das ich ein bisschen vermisst habe war die Geschichte des Täters. Wie konnte er zu dem werden, was er heute ist? Wie hat er seine Neigungen entwickelt und wie die ersten menschlichen Hemmschwellen überwunden? Dieses Buch hat mich auf jeder Seite überzeugt und ist definitiv eine Empfehlung wert.