Coras Sehnsucht nach Freiheit

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Underground Railroad, Roman von Colson Whitehead, 352 Seiten, erschienen im Carl Hanser Verlag.
Colson Whitehead widmet sich in seiner Erzählung der Entrechtung, Unterdrückung und Vernichtung von Schwarzen durch Weiße in den USA.
Die Geschichte von Cora einer jungen Schwarzen, geboren in der Sklaverei, sie wird von Caesar einem Leidensgenossen aufgefordert, zusammen mit ihm zu fliehen. Die Beiden begeben sich auf eine abenteuerliche Reise vom Süden Amerikas in den Norden. Ob die Flucht gelingt und was den beiden bei ihrer spektakulären Flucht mit der Underground Railroad alles zustößt wird hier im schonungslosen Stil beschrieben.
Das Buch ist aufgegliedert in 12 Kapitel, die abwechselnd mit US-Bundesstaaten und Personennamen benannt sind. Am Anfang eines jedes Staaten-Kapitels erscheint eine Suchanzeige für einen entlaufenen Sklaven. Die Geschichte wird im auktorialen Stil erzählt. Whitehead beschreibt in nüchterner bildhafter Sprache die grausamen Geschehnisse die in der Zeit der dunkelsten Geschichte Amerikas stattfanden. Er erhielt dafür den National Book Award 2016 und den Pulitzer Preis 2017.
Der Anfang über Ajarry, Coras Großmutter, ihre Mutter und Coras Kinderzeit und wie sie sich in der Sklavengemeinschaft auf der Baumwollfarm in Georgia behauptet fand ich ungemein spannend, spannend beginnt auch ihre Flucht und was dazu führte. Leider lässt die Spannung zwischendurch nach um am Ende wieder anzuziehen. Leider konnte ich der Geschichte nicht immer folgen, denn der Verlauf wurde durch die Personenkapitel die dazwischen gestreut waren unterbrochen. Das Leben von Charakteren die an diesem Punkt schon verstorben waren wurde aufgegriffen, auch kam es vor, dass Cora bei ihrer Flucht schon an einem anderen Ort angekommen war mit anderem Setting und Personen, im nächsten Kapitel aber beschrieben wurde wie ihre Befreiung von Statten ging. M.E. sind die Kapitel im Roman etwas unglücklich angeordnet. Gut fand ich, dass das Schicksal von Mabel am Ende noch aufgeklärt wurde, was mich wieder mit der Geschichte versöhnt hat. Homo, homini lupus – der Mensch, dem Menschen ein Wolf. So zitiert Plautus und so wird es im vorliegenden Buch auch aufs Grausamste und grauenvoll beschrieben. Die Lektüre hat mich sehr betroffen gemacht, gefesselt und tief bewegt. Die Geschichte der Underground Railroad und des Abolitionismus wird mich wohl auch noch einige Zeit beschäftigen. Die Underground Railroad wird im Buch als eine tatsächliche „Untergrundbahn“ beschrieben, was sie in Wirklichkeit aber nicht war. Zwischen 1810 und 1860 wurde durch dieses „Fluchtnetzwerk“ mit geheimen Routen, geheimen Stationen und Menschen die für ihre Hilfe mit dem Leben bezahlten, 50 000 Sklaven vom Süden in die freien Nordstaaten und Kanada gebracht. Bisher wusste ich nicht, dass es diese „Fluchthilfe“ gab und ich bin dankbar, dass ich es durch diesen Roman erfahren durfte.
Es handelt sich hier absolut um kein Wohlfühlbuch“, sondern um eine Lektüre, die zum Nachdenken anregt, ja etwas für danach mitgibt. Eine absolute Kaufempfehlung, für die Leser die sich für die Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei interessieren, die etwas über die „Underground Railroad“ erfahren wollen. Und von mir 4 von 5 möglichen Sternen.