Dreifach

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Gleich drei Fälle auf einmal – das geht nun wirklich nicht. Doch! Meint der Autor James Patterson und gibt seinen Ermittlerinnen in Unlucky 13 gleich drei große Nüsse zu knaccken. Fans des Schriftstellers werden das Team rund um Lindsay Boxer kennen. Daher kommen Fragen auf:
Ist der Roman nur für Serienleser der Frauen Mörder Club Reihe (wie die Patterson-Boxer Romane übersetzt von „Women’s Murder Club Thriller“ heißen )?
Sind es wirklich nur/vorwiegend Romane für Frauen?
Wie gut lässt sich die englische Originalversion lesen?
Und: Funktioniert die Ermittlung in gleich drei großen Feldern auf einmal?
Dazu wie üblich nach und nach mehr.

INHALTSVERZEICHNIS:
**************************
1. Die Hauptfiguren
*a) Lindsay Boxer
*b) Rich Conklin
*c) Cindy
*d) Yuki
*e) Mackie Morales
2. Die Geschichte
3. Themen
*a) Rache
*b) Mut und Gefahr
*c) Freundschaft
4. Erzählweise
5. Lesbarkeit der englsichen Version
6. Zielgruppe
7. Fazit


1. Hauptfiguren
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a) Lindsay Boxer
Lindsay ist DIE zentrale Figur dieses Romans. Man kann es schon daran erkennen, dass die Passagen, in denen Sie im Zentrum steht, aus ihrer Perspektive erzählt werden.
Einerseits ist sie als Ermittlerin stark, wirkt mehr als Chefin als als Partnerin ihres Mit-Ermittlers Rich Conklin, ist die Verdienerin der Familie – ihr Mann Joe nimmt Elternzeit bzw. arbeitet von zu Hause aus (obwohl er auch ein erfoglreicher Kriminalist ist).
Trotzdem wirkt Lindsay nicht perfekt, so erwähnt sie z.B. selber, dass sie (als es um Yukis Hochzeit geht) am schlechtesten ins Kleid passt.
Aber auch inhaltlich habe ich immer mal wieder das Gefühl, dass sie – ganz menschlich – nicht immer weiter weiß, z.B. im Umgang mit den (anscheinenden) Bauch Bombern oder wenn es um die Gefahr durch Mackie geht. Zu beidem später mehr.

b) Rich Conklin
Auch wenn Rich fast immer an Lindsays Seite ist, hat er einen deutlich kleineren Part. Auch er ist (als Ex von Cindy) quasy mit Lindsay befreundet. In den Verhören nimmt der oft die Rolle des guten Cops ein (Lindsay die des bösen).

c) Cindy
Cindy ist Journalistin und wird meiner Meinung nach etwas klischeehaft dargestellt, nach dem Motto: Für eine gute Geschichte tue ich alles, verrate ich Geheimnisse meiner Freunde, begebe mich und meine Freunde in Todesgefahr.
Andererseits kann man ihr Verhalten auch positiv beurteilen: Sie kombiniert die Informationen, die sie bekommt, oft gut, schafft es, Wege zu finden, ans Ziel zu kommen (in dem sie z.B. andere um den Finger wickelt).

d) Yuki
Wenn man (wie ich) Unlucky 13 als ersten/einzigen Roman der Murder Club Reihe liest, kann Yuki als zarte, etwas naive Frau wirken. Sie himmelt ihren Brady (Lindsays Chef, den Yuki in dieser Folge heiratet) über alle Maßen an, verhält sich in ihrem Part der Geschichte ängstlich (würden sicherlich viele), aber auch ein Stück weit dumm.
Tatsächlich scheint sie eine äußerst erfolgreiche Juristin zu sein.

e) Mackie Morales
Der Name wirkt schon etwas speziell. Auch Mackie ist ein Charakter vorangegangener Geschichten. Zunächst war sie Weggefährtin und Mit-Ermittlerin von Lindsay, dann Freundin eines Massenmörders, inzwischen selber Mörderin und stark gesuchte Verbrecherin. Mackie wirkt zwar schlau, aber auch gestört – das Bild, dass Patterson von ihr zeichnet, ist mir schon zu schwarz-weiß ...


2. Die Geschichte
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Lindsay und Conklin erfahren von einem Zwischenfall auf der Golde Gate Bridge. Was auf den ersten Blick als Autounfall gemeldet wurde, stellt sich als perfider Mord raus, mit einer bislang noch nie gekannten Waffe. Bauch-Bomben wurden verwendet. Im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass die Opfer Burger gegessen hatten, in denen quasi Sprengkapseln im Miniaturformat waren. Der Inhalt setzte im Magen der Opfer zusammen mit den Magensäften seine explosive Wirkung frei. Im Laufe der Geschichte stellt sich heraus: Die Fast-Food-Kette, von der die Burger stammen, wird erpresst. Weitere Menschen sterben, Lindsay und Conklin versuchen, den Täter zu stoppen.
Ganz nebenbei steht eine Hochzeit an. Brady, der Chef der beiden Ermittler und Yuki, eine von Lindsays Freundinnen, heiraten und brechen zu einer Kreuzfahrt-Hochzeitsreise auf. Sie lassen sich an Bord verwöhnen, genießen die tollen Landschaften – bis Yuki Lindsay ein Video schickt: An Bord des Kreuzfahrtschiffes herrscht Panik. Eine Gruppe von Bewaffneten hat alle Passagiere und die Besatzung in ihre Gewalt gebracht und fordert ein Millionen-Lösegeld. Die Vorwitzige und etwas dümmlich wirkende Yuki bringt sich selber in Gefahr. Die Terroristen unterstreichen ihre Forderungen und bringen stündlich Passagiere um. Auch Yuki wird als Opfer auserkoren. Dann gelingt es ihr aber, sich in Bradleys Arme zu flüchten. Und der heckt zusammen mit einem anderem Fahrgast einen Plan aus. In Rambo-Manier bringt Brady einen Terroristen nach dem nächsten außer Gefecht. Die Geiselnahme endet schließlich für die Flitterwöchler noch einigermaßen glücklich.
Schon während dessen hört Lindsay, dass Mackie Morales wieder gesichtet wurde. Sie war die Freundin eines Schwerverbrechers, ist sich selber für Mord und manche andere Untat nicht zu schade. Im letzten Fall muss sie in letzter Minute der Polizei entkommen sein. Jetzt sinnt sie auch auf Rache an ihrer früheren Kollegin Lindsay und deren Freundinnen. Gegenüber einer dieser Freundinnen, der Journalistin Cindy, erwähnt Lindsay, dass Morales wieder aufgetaucht ist. Cindy recherchiert, entdeckt ein Haus, in dem Mackie zeitweise untergekommen war. Bei ihren Nachforschungen freundet sich Cindy mit einem Ermittler an, der ihr immer wieder neue Informationen zukommen lässt. Unter anderem erfährt sie, dass Mackie offenbar eine Bank ausgeraubt und eine Tramperin ermordet hat. Als Cindy Morales auflauern will, dreht die den Spieß um: Mackie „erwischt“ Cindy vor dem Haus von Mackies Mutter – und Mackie schickt Cindy per Mail eine Drohung, die sich auch gegen Lindsay richtet.
In der Zwischenzeit haben Lindsay und Conklin die scheinbaren Produzenten der Bauch Bomben gefunden. Doch dann explodiert wieder Sprengstoff im Magen eines Fast-Food-Kunden ...


3, Themen
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*a) Rache
Rache spielt mindestens in zwei der drei Fällen eine Rolle: Mackie will sich bei Lindsay und ihren Freundinnen und Kollegen dafür rächen, dass Mackies Freund ums Leben gekommen ist und dass sie selber zur Gejagten wurde.
Und auch die beiden mutmaßlichen Bauch-Bomber sinnen auf Rache: Sie waren treue, verlässliche Mitarbeiter des Burger-Braters, haben aber für ihre unermüdliche Arbeit keine Anerkennung bekommen. Die Wut dieser beiden ist zum Teil verständlich. Die Art und Weise, wie sie ablassen, dagegen absurd.

*b) Mut und Gefahr
Dieses Thema spielt ebenfalle (wenigstens) in zwei Fällen eine Rolle. Wieder ist einer davon der Mackie-Handlungsstrang: Mackie selber beweist (Über-)Mut und ist dabei in ständiger Gefahr. Aber vor allem auch Cindy lehnt sich mit ihren Nachforschungen nach dem Aufenthaltsort von Mackie Morales sehr weit aus dem Fenster und riskiert sehr viel.
Vorlaut, ein wenig dumm, aber auch mutig, das trifft auch auf Yuki zu, die auf dem Kreuzfahrtschiff zur Geisel wird, mutig die Geiselnahme filmt, den Film an Lindsay schickt. Gleichzeitig ist dieses Verhalten vor den Augen der Geiselnehmer auch naiv.
In der Folge gibt es die Kombination aus Mut und Gefahr auf dem gekaperten Schiff auch bei Yukis Mann Brady, der einerseits übermäßig mutig ist, indem er sich den Geiselnehmern entgegen stellt und sich damit auch in eine nicht zu kalkulierende Gefahr begibt.

*c) Freundschaft
Eine gute Krimi/Thriller-Reihe zeichnet sich nicht nur durch spannende Kriminalfälle sondern auch durch eine gute Besetzung der Stamm-Figuren und durch spannende Zusammenhänge zwischen diesen Figuren (private Probleme, Erfolge, besondere Charakterzüge der Figuren) aus. In diesem Fall ist es die Freundschaft zwischen Lindsay Cindy, Claire und Yuki, die sich als Konstante durch die Geschichte zieht. Die vier haben Spaß bei ihren Frauenrunden und kümmern sich um die Beziehungsfreuden und –leiden der anderen: Yuki ist in diesem Fall die mit der Freude – der Hochzeit mit Brady, Cindy die des noch leichten Leidens – unter der Trennung von Rich, Für mich bleibt das Thema Freundschaft aber zu sehr an der Oberfläche.



4. Erzählweise
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Patterson macht etwas, was ich persönlich nicht besonders mag: Er springt zwischen vielen verschiedenen Figuren hin und her. Für Kenner der Murder Club Reihe mag das noch ganz interessant sein – weil die Kenner auch die verschiedenen Figuren kennen, für mich war das jetzt eher hinderlich. Es ist zwar so, dass fast alle Figuren gleichermaßen oberflächlich in ihrer Gestaltung sind und mich somit gleichermaßen „reizen“ (bzw. nicht reizen). Trotzdem ist es mir etwas zu viel Gespringe. Positiv lässt sich da nur sagen, dass man trotzdem in der Handlung bleibt, da die Handlungsstränge mit den verschiedenen Fällen alle eine gewisse (wenn auch nicht übergroße) Spannung haben.


5. Lesbarkeit der englischen Fassung
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Das englischsprachige Original Unlucky 13 war für mich sehr leicht und locker lesbar. Ja, ich habe Englisch studiert, ja, ich lese seitdem immer mal wieder Bücher auf Englisch. Trotzdem bin ich nun auch nicht die absolute Auskennerin. Für mich war es aber recht leicht und selbstverständlich, die englische Version zu verstehen.


6. Zielgruppe
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Hier hat der Verlag schon einen kleinen Fehler auf dem Cover gemacht – ich zumindest sehe es als Fehler. Dort steht „Women’s Murder Club Thriller“. Wenn es eine Geschichte eines Frauen-Mörder-Clubs ist, reizt das natürlich die eine potentielle Hälfte der Leserschaft, reizt das so manche Frauen. Die andere Hälfte, die Männer, bleibt dann aber schon auf der Strecke. Und dazu kommt: Auch ich als Frau fühle mich von einem vom Verlag als Frauen-Roman bezeichneten Buch, nicht so angezogen ...
Ich selber würde dann, nach der Lektüre, sagen: Das Buch ist ein Roman für Frauen, die etwas leichte Kirmi-Kost suchen, egal ob für die nächsten Regentage (die leider ganz bestimmt kommen) oder für den Urlaub am Strand oder Pool.


7. Fazit
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Unlucky 13 kann man lesen – muss man aber nicht. Es ist ein Krimi, der gleich mit mehreren Handlungssträngen und mit mehreren Fällen an den Start geht. Dadurch ist immer Spannung da, die Geschichte lässt sich zügig weg lesen. Stammleserinnen der Reihe um Lindsay Boxer und ihre Freundinnen werden sich sicher freuen, die bekannten Figuren wieder zu erleben – auch wenn die Weiterentwicklung der Frauen auf der persönlichen Ebene eher gering ist. Die englische Fassung eignet sich für alle, die die Sprache einigermaßen flüssig drauf haben oder die sie wieder mit einem englischsprachigen Roman wieder aufpolieren möchten. Von mir gibt es an sich dreieinhalb Sterne, da man keine halben Sachen machen kann, runde ich auf vier auf.


P.S.; Zum Buchformat: Große Taschenbücher finde ich Fehl am Platz: Sie sind für die Kunden zu groß für unterwegs, gleichzeitig zu schwer, zu klobig, trotzdem „billig“ nur im Pappumschlag und daher nichts halbes und nichts ganzes. Mein Appell an die Verlage: Wenn schon Taschenbuch, dann bitte handlich.

P.PS. Diese Rezension kommt so „spät“, weil ich das Buch erst mit sehr, sehr, sehr langer Verzögerung vom Verlag erhalten habe.