Realistisch wie das Leben selbst

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elchi130 Avatar

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1986: Elise und Jamey sind Nachbarn in New Haven. Sie ein Kind aus den Slums, er der Kronprinz einer Dynastie von Investmentbankern. Was als sexuelles Abenteuer startet, wird irgendwann zu einer großen Liebe…

Und auch beim Lesen kam ich mir vor, als wäre ich wieder in den 80er Jahren gelandet. Denn der Schreibstil erinnerte mich an Bücher, die ich in den 80ern gelesen habe. Erzählt wird hier keine kitschige Geschichte vom Aschenbrödel, das ihren Prinzen findet. Nein, hier wird eine Story erzählt, wie sie stattgefunden haben könnte. Mitten aus dem Leben, ungeschminkt, mit Höhen und Tiefen. Ich habe mich erst einmal an den Schreibstil gewöhnen und darauf einlassen müssen. Denn hier werde ich nicht ablenkt von meinem Leben, sondern mit der Nase drauf gestoßen.

Zu Beginn, wenn Jamey immer wieder zu Elise geht, mit Hass im Blick, sie für asozial hält und doch nicht die Finger von ihr lassen kann. Und Elise, die darum weiß. Jamey, der sich für Elise schämt, nicht möchte, dass irgendjemand ihn mit ihr sieht. Sich von ihr fernzuhalten versucht, nur um nach einiger Zeit doch wieder rückfällig zu werden. Und Elise, die geduldig wartet und weiß, dass er wieder zu ihr zurückkommen wird. Elise, die ihn liebt und einfach wartet und hofft… Und irgendwann macht es bei ihm klick und er spürt die Liebe. Wobei er bereits vorher seine Freunde und Familie hat auflaufen lassen, wenn sie ihn von Elise trennen wollten. Und irgendwann sagt er sich von seinem alten Leben los und beginnt ein neues Leben mit Elise. Wenn ich es schaffe, mich als Leser darauf einzulassen, ist es faszinierend, diese Entwicklung zu beobachten. Genauso habe ich sehr interessiert beobachtet, wie sich die Machtverhältnisse in der Beziehung hierhin und dahin verschoben haben. Wie der Sex Jamey dominiert hat, wie Jamey mit seinem Geld dominieren konnte, wie zwischendurch immer mal der eine Part die Führung übernahm und dann der andere.

Jardine Libaire ist virtuos im Erzählen. Wichtig ist, sich auf den ungewöhnlichen Erzählstil einzulassen. Wer ein Liebesmärchen lesen möchte, ist hier verkehrt. Wer bereit ist, sich auf eine ungewöhnliche Liebesgeschichte einzulassen, den kann ich nur einladen, es mit „Uns gehört die Nacht“ zu versuchen. Danken möchte ich der Autorin zudem für das Ende, mit dem ich nicht gerechnet habe.