Liebe im Alter verboten?

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liesmal Avatar

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„Unsere Seelen bei Nacht“ ist der letzte Roman des im Jahre 2014 verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Kent Haruf, erschienen bei Diogenes und er spielt – wie alle seine sechs Romane – in der fiktiven Stadt Holt in Colorado.
„Ganz schön mutig!“ Das waren nach nicht viel mehr als zwei gelesenen Seiten meine bewundernden Gedanken. Ich rede von Addie Moore, der 70-jährigen Witwe, die eines Tages den Entschluss gefasst hat, ihren langjährigen Nachbarn Louis Waters, zu fragen, ob er sich vorstellen könnte, ab und zu die Nacht bei ihr zu verbringen. Der überraschte Louis ist schnell einverstanden und steht am Abend mit Zahnbürste und Schlafanzug in einer Papiertüte vor Addies Tür, genau gesagt, vor der Hintertür – wegen der Nachbarn. Addie ist das Gerede der Nachbarn egal, sie ist da etwas selbstbewusster. Doch es sind nicht nur die Leute, die sich das Maul zerreißen…
Dabei ist es einfach nur schön, wie einfühlsam Kent Haruf erzählt, dass Addie und Louis bald regelmäßig die Nächte miteinander verbringen. Dabei geht es ihnen nicht um Sex, sondern einzig darum, nicht allein zu sein. Im Laufe der Zeit erzählen sie sich fast alles aus ihrem Leben und lassen den Leser teilhaben an ihren Gefühlen.
Der Schreibstil ist so aufwühlend und emotionsgeladen, dass ich vollkommen ergriffen bin. Fassungslos haben mich die Reaktionen gemacht, die sogar aus den eigenen Familien kamen, herzbewegend war alles, was Louis, Addie und ihr Enkel Jamie miteinander erlebt haben.
Welche Liebe Haruf in seine Worte legt, zeigt eines von vielen wunderschönen Zitaten: „In Addies Schlafzimmer streckte er die Hand aus dem Fenster und fing den Regen auf, der vom Giebel tropfte. Dann legte er sich neben Addie und berührte mit der feuchten Hand ihre Wange.“
Ein wunderschönes Buch, das ich von Herzen gern weiterempfehle!