Nicht restlos überzeugend

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mannuberbord Avatar

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Auch der neue Roman von Celeste Ng ist – wie bereits ihre Vorgänger – eine dramatische Familiengeschichte. Im Zentrum steht ein Junge, Bird genannt, und seine Mutter, die die Familie aus ihm unbekannten Gründen vor Jahren verlassen hat. Die Welt, in der Bird lebt, ist eine handfeste Dystopie, ein erschreckendes Zerrbild der USA in naher Zukunft, in der ein rassistisches Gesetz dafür gesorgt hat, dass vor allem asiatisch aussehende Menschen in ständiger Angst leben müssen. In ruhigem, eindringlichem Ton erzählt Ng von Gewaltausbrüchen auf der Straße, von Anfeindungen und von Kindern, die von ihren Familien getrennt werden. All das kommt einem so schmerzlich bekannt vor, dass es der vielen Details, mit der sie die „Krise“ beschreibt, die zu der Situation geführt hat, gar nicht bedurft hätte. Im Verlaufe des Buches macht Bird sich auf die Suche nach seiner Mutter, und der Leser begleitet ihn auf seiner Reise. Die Geschichte ist leidenschaftlich geschrieben, mit sinnlichen Beschreibungen und ausdrucksstarker Sprache. Trotz des alltäglichen Horrors, den er beschreibt, ist der Roman trotz allem rettungslos optimistisch. Er glaubt an die Macht der Worte. Die heimlichen Helden sind Bibliothekarinnen. Und Gedichte sind in der Lage, die Welt zu verändern. Das ist leidenschaftlich und mit klarem moralischem Kompass geschrieben, doch dadurch leider auch zu eindeutig. Vor allem am Ende des Buches wird die Schwelle zum Kitsch immer wieder überschritten. So kann der Roman nicht restlos überzeugen.