Eine ganz besondere Auszeit

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gerwine ogbuagu Avatar

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Schon am Anfang der Geschichte taucht man ein in Tanja Webers intensiven Schreibstil. Dass in dieser Erzählung Dinge geschehen werden, die nicht leicht sind, erspürt man schon zwischen den Zeilen. Die Autorin beschreibt Gefühle detailliert - Ninas ausgebrannten Zustand durch ihre Arbeit in der Charité sowie die innere Leere, die sich in ihre Ehe eingeschlichen hat. Sie sucht Ruhe und plant eine Auszeit von ihrem Beruf, doch das Gespräch bringt sie dazu, zu kündigen. Ihr Ehemann unterstützt sie in ihrem Entschluss. Gleichzeitig wird ihr Mann für drei Monate nach Toronto berufen. Dann suchen Kollegen ihres Ehemanns aus Kanada eine Wohnung in Berlin für einige Zeit. Nina bucht eine Auszeit in einer ruhigen Gegend und fährt ans Stettiner Haff, während die Kollegen in ihrer Wohnung bleiben. Ihre Begleiterin wird ihre neue Hündin Ayla aus Rumänien sein, vermittelt von ihrer Freundin Berit. Nina wünschte sich eine Seelenhündin, eine Begleiterin für ihren ausgebrannten Zustand. Seit der ersten Begegnung mit Ayla fühlt sie leider die erwünschte Seelenverbindung zu ihr nicht.
Eine spannende Reise beginnt – von Berlin nach Mecklenburg-Vorpommern in eine hoch geschichtsträchtige Gegend – das Stettiner Haff. Die Gegend ist waldreich und hat eine Verbindung zur Ostsee. Eine Reise beginnt - Rückblicke in die Nazizeit und später in die DDR vor 1989 gehören dazu, völlig unerwartet für Nina. Diese Rückblicke helfen dabei, das, was Nina während ihres Aufenthalts erlebt, in Beziehung zu setzen. Sie macht erstaunliche Funde auf ihren Streifzügen durch die dichten Wälder, die uns tief in die Vergangenheit blicken lassen. Wir lesen vom Landjahr der jungen Mädchen 1936. Sie müssen die von Hitler konzipierte Ideologie - einen Volkskörper der Gemeinsamkeit zu schaffen - mit allen Härten erleben und sich auf dem Gutsherrensitz der von Wetzlaffs durchschlagen. Auch trifft sie Menschen, über deren Vorfahren wir in den Rückschauen lesen. Die Zeiten nach dem Dritten Reich in der DDR betrachten wir. Und auch die die Zeit nach 1989, als wir Frauen und Männer wieder antreffen, von denen wir im Lauf der Geschichte lange nichts hörten.
Tanja Weber hat eine einzigartige, aufwühlende Geschichte komponiert. Kunstvoll zusammengestellt. Immer wieder erleben wir unerwartete Wendungen, die im Zusammenhang stehen mit dem, was wir vorher gelesen haben.
Hier ist eine Geschichte, die einen lange nicht los lässt. Ich wünsche ihr viele Leser und Leserinnen. So wie die Autorin uns am Ende der Geschichte mit wunderbaren Worten dankt, so danke auch ich ihr für diese Bilder aus vergangenen Zeiten. Manche davon reichen hinein bis in unser Leben von heute.