Erbschuld?

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Christoffer Carlsson, der Autor von "Unter dem Sturm", ist promovierter Kriminologe und wuchs in Schweden auf, er veröffentlichte bereits mehre Krimis, der aktuelle Roman "Unter dem Sturm" war in seiner Heimat bereits für den Schwedischen Krimipreis nominiert.

Der Roman beschäftigt sich quasi mit einem "Cold Case", wie es heutzutage gerne heißt. Im Jahr 1994 starb eine junge Frau bei einem Hausbrand und als Schuldiger gilt schnell Edvard Christensson, der damalige Freund der Toten, der von einem jungen Polizisten namens Vidar bewusstlos in der Nähe des Brandortes gefunden wurde. Er beteuert seine Unschuld, wird vor Gericht aber dennoch später schuldig gesprochen und seine Schwester wendet sich wegen seiner vermeintlichen Schuld von ihm ab. Darunter leidet besonders deren kleiner Sohn Isak, Edvards Neffe, der einerseits nicht verstehen kann, warum sein Onkel, der eigentlich sein großes Vorbild war, das ihm nun schmerzlich fehlt, so eine schlimme Tat begangen haben soll und andererseits deswegen auch von manchen Menschen ausgegrenzt oder krumm angeschaut wird, als ob es eine Sippenhaft gäbe. Er fragt sich irgendwann auch, ob er vielleicht wirklich das Böse von seinem Großvater geerbt hat, dass anscheinend auch auf den Onkel übergegangen ist. Das begleitet ihn bis ins Erwachsenenalter, wo er dem Polizisten Vidar, der damals seinen Onkel verhaftet hat, nach einem Diebstahl gegenübersitzt. Dies führt dann schließlich auch dazu, dass Vidar den Fall wieder aufrollt, da Zweifel in ihm aufkeimen, ob sich wirklich alles so zugetragen hat, wie damals alle so schnell annahmen.

Der Autor zeigt in seinem Roman sehr eindrücklich, dass es nach so einen Tat nicht nur ein Opfer und einen Täter gibt, sondern dass viel mehr Menschen in deren Umfeld davon betroffen und ihr Leben lang dadurch beeinflusst sind. Es geht auch darum, wie sehr es Isaks Leben beeinflusst, dass er Angst hat, ebenfalls "böse" zu sein, wenn Onkel und Großvater es waren und dass er, wie bei einer "Self fullfilling prophecy" immer wieder in ungute Situationen gerät. Der psychologische Hintergrund spielt also eine große Rolle. Die Atmosphäre des Romans ist so natürlich auch keine fröhliche, sondern, wie oft bei schwedischen Kriminalromanen, eher düster. Dem Autor gelingt es auch sehr gut, die Atmosphäre des Lebens im ländlichen Schweden einzufangen, wo sich Gerüchte, Vorurteile oder auch Vorverurteilungen schnell herumsprechen und man leicht einen "Stempel" aufgedrückt bekommt, wie man selbst oder wie die eigene Familie ist.

Die Charaktere der Protagonisten wurden von Christoffer Carlsson sehr überzeugend ausgestaltet und sein Schreibstil ist angenehm lesbar, anschaulich, teilweise auch sehr ausgefeilt und passend zur Atmosphäre des Romans. Der Autor versteht in dieser Hinsicht auf jeden Fall sein Handwerk. Dies alles steht bei diesem Buch mehr im Vordergrund als ein actiongeladener oder blutiger Fall. Daher wahrscheinlich auch die Einordnung als Roman und nicht speziell als Krimi.