Authentisch

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alocasia Avatar

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"So kann sie in den Staub schreiben, was sie vergessen möchte. FRANKA schreibt sie mit dem Zeigefinger auf das Acryl, darunter NAZISCHLAMPE." (Unter Grund, S. 96)

In "Unter Grund" geht es um Franka, die in das Dorf ihrer Kindheit und Jugend zurückkehrt, um sich ihrer Vergangenheit in der rechten Szene zu stellen. Das Buch erzählt, wie Franka dort hineingeraten ist, sich radikalisiert und vom Mitläufer zur Täterin wird.

Ich muss sagen, das Buch hat es mir nicht immer leicht gemacht. Am Anfang empfand ich es als zäh geschrieben. Ich fand nicht so recht hinein, dazu haben auch die nicht immer relevanten Szenen und die vielen Zeitsprünge, denen man aber in der Regel gut folgen kann, beigetragen. Irgendwann versteht man, wo das Buch hinwill, die Fäden führen zusammen und es liest sich besser bis gut.

Die Atmosphäre und die Charakterzeichnungen sind authentisch. Ich bin selbst in einem süddeutschen Dorf in dieser Zeit aufgewachsen und kann leider sagen, dass das genau so passt. Ich habe mich in meine Jugend zurückversetzt gefühlt und unsere "Dorfnazis" (dieser Begriff ist verharmlosend) und ihre Parolen vor mir gehabt. Gut fand ich auch die vielen Leerstellen, die Platz für eigene Gedanken und Interpretationen lassen.

Sehr gut gefallen haben mir auch die Zitathinweise und Erklärungen am Ende des Buches, in denen die Herkunft der rechten Ausdrücke und Symbole aufgezeigt und einige Begriffe erklärt werden.

Ich könnte mir das Buch gut als Schullektüre vorstellen, weil es eindrücklich zeigt, wie schnell man auf die schiefe Bahn geraten kann, auch wenn man einen guten Geschichtsunterricht genossen hat und weil es leider aktueller denn je ist. Allerdings steht dem der etwas zähe Einstieg ins Buch im Weg, ich sehe hier die Gefahr, dass die oft etwas lesefaulen Jugendlichen schnell demotiviert werden. 3,5/5 Sterne