Gelungenes Debüt

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seitendreherin Avatar

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In der Stille ihrer Familie fühlte sich Franka immer schon verloren. Schon ihre Großmutter, die Fuchsin genannt wurde, bewahrte Geheimnisse auf wie schwarze Steine in ihrer Schürze. Als Franka Ende Zwanzig in die fränkische Provinz zurückkehrt, mit ihren Himmelweihern und Spiegelkarpfen, beginnt sie endlich hinzusehen: An die Zeit in den Nullerjahren, als Deutschland Weltmeister im eigenen Land werden wollte. Als ihr Vater starb und sie in Patrick und Janna Gleichgesinnte fand, die ihre Unsicherheit mit Krawall und Frustration mit Faustschlägen überdeckten. Als sie immer weiter in die rechte Szene abrutschte. Sie fängt an, Fragen zu stellen und sucht nach einer Haltung zur Vergangenheit.

Ein beeindruckendes Debüt, das sehr deutlich zeigt, wie schnell man in die rechte Szene geraten kann. Der Roman hat mich von Anfang an gefesselt. Er beginnt mit den NSU-Prozessen, an denen Franka zusammen mit ihrer Klasse teilnimmt. Ich fand es sehr gelungen, diese Prozesse als Einstieg und auch als Abschluss zu wählen, da der Lebensweg von Zschäpe beinahe auch der von Franka gewesen wäre. Es wird auf eindrückliche Weise aufgezeigt, wohin Franka hätte geraten können, hätte sie nicht noch die Kurve gekriegt. Die Atmosphäre bleibt konstant melancholisch und düster, passend zu Frankas tristem Heimatdorf.

Die Entwicklung von Franka ist sehr glaubwürdig dargestellt. Zuerst versteht sie noch nicht ganz, was um sie herum geschieht, doch im Laufe der Zeit driftet sie immer weiter in die rechte Szene ab. Doch dann wird sie sogar zu einer Person, die selbst Aktionen plant und andere anstiftet, mitzumachen. Besonders gefiel mir, dass sie ihr Verhalten später selbst als rechtsradikal einstuft – auch wenn sie dazu viele Jahre später kommt.

Das Geheimnis der Füchsin (und damit auch das Geheimnis von Frankas Familie) fand ich erschreckend und es zeigt auf, wie damals mit Juden umgegangen wurde. Ich möchte jedoch nicht zu viel verraten, um das Leseerlebnis nicht zu schmälern.

Ein großes Lob auch für das Glossar am Ende des Buches, das Nazi-Begriffe, Liedzeilen und anderes, was im Text vorkommt, erklärt. Das war sehr hilfreich und hat das Verständnis erheblich gefördert.