Spannend

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bobbember Avatar

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Unter Grund ist ein eindrucksvolles und bewegendes Debüt, das mit großer sprachlicher Klarheit und emotionaler Tiefe von einer Jugend zwischen Sprachlosigkeit, Wut und der Suche nach Zugehörigkeit erzählt.

Im Zentrum steht Franka, die nach Jahren der Distanz in ihre Heimat zurückkehrt – ein fränkisches Dorf voller Himmelweiher, Spiegelkarpfen und hartnäckigem Schweigen. Die Vergangenheit ihrer Familie liegt im Dunkeln, besonders die der Großmutter, der „Fuchsin“, die Geheimnisse wie Schätze zu hüten scheint.

Doch es sind nicht nur die familiären Leerstellen, mit denen Franka ringt. Es ist auch ihre eigene Geschichte, die sie lange verdrängt hat: Die Nullerjahre, in denen sie als Jugendliche nach Orientierung suchte – und sie in der rechten Szene zu finden glaubte. Zwischen Fußballsommer und Frust, Freundschaften und Faustschlägen geriet sie in ein Milieu, das ihr Halt bot, aber auch zerstörerisch wirkte.

Der Roman nimmt sich dieser schwierigen Themen mit großer Sorgfalt an. Er zeigt, wie politische Radikalisierung nicht aus dem Nichts entsteht, sondern oft aus Ohnmacht, dem Wunsch nach Anerkennung und dem Schweigen des Umfelds.

Franka ist keine einfache Heldin – aber gerade das macht ihre Geschichte so kraftvoll und glaubwürdig. Ihre Reise zurück zu sich selbst, ihre Auseinandersetzung mit Schuld, Verantwortung und Identität ist schmerzhaft, aber wichtig.

Unter Grund überzeugt besonders durch seine atmosphärische Dichte, seine fein gezeichneten Figuren und den Mut, unbequeme Fragen zu stellen. Ein kleiner Wermutstropfen: Manche Rückblenden hätten noch etwas straffer erzählt sein können, stellenweise verliert sich der Text ein wenig in Details.

Dennoch: Ein starker, hochaktueller Roman über Verdrängung, Erinnerung und die Kraft, sich der eigenen Geschichte zu stellen. Lesenswert und wichtig.