tiefgründig

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
lesefin__ Avatar

Von

Puh, dieser Roman hat es in sich! Er erzählt eindringlich und schonungslos, wie man in eine rechte Gruppe geraten kann, wie Radikalisierung schleichend passiert und wie schwer es ist, sich davon zu lösen. Doch genauso zeigt er, wie wichtig Familie ist – dass man zuhört, miteinander spricht und nicht alles in Schweigen hüllt.

Der Roman erzählt die Geschichte von Franka, einer Lehramtsstudentin, die mit ihrer Klasse eine Gerichtsverhandlung zu den NSU-Morden besucht. Dieses Erlebnis reißt alte Wunden auf und bringt sie zurück in ihr fränkisches Heimatdorf – eine idyllische Landschaft mit Weihern und Fischen, doch zugleich ein Ort des Schweigens, der Geheimnisse und verdrängter Wahrheiten.
Als Kind hatte Franka es nicht leicht: eine schwierige Schulzeit, kaum Freund*innen außer Leon, ein früher Verlust ihres Vaters, der eine Familie hinterlässt, in der die Vergangenheit tief in den Strukturen verankert ist. Besonders prägend ist ihre Großmutter, die „Füchsin“, eine Frau, deren Erziehungsmethoden von ihrer eigenen nationalsozialistischen Prägung beeinflusst sind.
Leon war einer der wenigen Lichtblicke in ihrem Leben, doch als er beginnt, sich an seinem politisch links engagierten Bruder zu orientieren, entfernen sich die beiden immer mehr. Stattdessen rutscht Franka in eine rechte Gruppe, eigentlich aus Zufall, aber auch, weil sie dort etwas findet, wonach sie sich sehnt: Gemeinschaft, Zugehörigkeit, Freundschaft. Die Zweifel lassen sie zwar nie ganz los, trotzdem lässt sie sich tiefer in die Ideologie hineinziehen.

Liepold erzählt die Geschichte unglaublich eindringlich und mit viel Gespür für die leisen Töne. Sie zeigt, wie leicht junge Menschen in radikale Strukturen hineingeraten und verführt werden – und wie schwer es ist, sich daraus zu befreien. Ohne zu verurteilen, zeichnet der Roman ein nuanciertes Bild einer Dorfgemeinschaft, in der rechte Ideologien präsent sind.
Das Buch ist ein beklemmendes und authentisches Porträt einer Gesellschaft, in der rechte Gedanken oft tief verankert sind. Besonders beeindruckend ist die dichte Atmosphäre des Dorflebens – das Schweigen, die Verdrängung, die Frage, wie man sich von etwas fernhält, das allgegenwärtig scheint.
Ein fesselnder, wichtiger Roman, der lange nachhallt.