Bewegend, aber zu gewollt.

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brombeere Avatar

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Worum geht es?
Zwei befreundete Paare teilen sich im Wendland einen Hof, doch seit der Sohn des einen Paares ertrunken ist, hat sich alles zwischen ihnen verändert.

Worum geht es wirklich?
Schuld, Geheimnisse und Sehnsucht

Lesenswert?
Ja, eine interessante Lektüre für zwischendurch mit ein paar Schwächen.
Das Setting, der teilweise verwunschen wirkende Fluss, der auch Gefahr birgt und das gemeinsame Leben auf dem Hof, die unausgesprochenen Hürden zwischen den Paaren, all das hat mich sehr angesprochen und die Naturbeschreibungen und Eindrücke waren sehr atmosphärisch. Dafür sorgt auch eine durchweg sehr angenehme Erzählweise, kurze Kapitel setzen den Fokus auf unterschiedliche Personen und der Kreis dieser Protagonist*innen wird immer größer, denn immer mehr Personen verstricken sich in den ungeklärten Tod von Aaron und selbst dessen Eltern trauen sich nur begrenzt gegenseitig.
Vor allem Sophie, die Mutter von Aaron, fand ich wunderbar vielschichtig dargestellt und ihre Gedankenwelt sehr bewegend.
Aber je mehr Figuren in die Geschehnisse vor 13 Monaten verstrickt sind und je mehr stille Post gespielt wird, desto mehr entfernt sich die Geschichte von ihrem atmosphärischen Anfang und zwischenmenschliche Handlungen stehen im Vordergrund, die für mich teilweise aber nicht nachvollziehbar waren. Das Auftauchen von der fremden Frau und wie dadurch Dinge ins Rollen kommen, wirkt seltsam, wie ein unpassendes Objekt, das mit seiner kurzweiligen Anwesenheit etwas auslöst und sich dann wieder in Rauch auflöst. Vielleicht ist aber genau dies beabsichtigt gewesen - für mich war es jedoch eher konstruiert.
Viele Randinformationen werden erzählt, die aber keine bedeutsame Rolle mehr spielen im Verlauf der Geschichte und manche Objekte, die wie ein Schlüssel wirken, bleiben schlicht Objekte ohne noch einen besondere Aufgabe zu erhalten. Das war ein wenig enttäuschend.
Die Autorin beschreibt jedoch sowohl Natur als auch die verschiedenen Beziehungen der Protagonist*innen so realistisch und voller Tiefe, dass es für mich trotz der genannte Kritikpunkte eine schöne Lektüre war. Allerdings keine mit nachhaltigem Leseeindruck. Tatsächlich hätte ich mir weniger Aufregung gewünscht, weniger skandalöse Enthüllungen und mehr emotionale Tiefe auch ohne Geheimnisse. Schließlich bietet dafür der Verlust des Sohnes und das Entfremden zwischen den Freunden schon genug Stoff.