Ein Buch, das berührt

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
bookwood Avatar

Von

Das ist mir wirklich schon lange nicht mehr passiert: an einem regnerischen Wintertag mit einem Buch gemütlich auf dem Sofa zu sitzen und es tatsächlich erst wieder aus der Hand zu legen, wenn der letzte Satz gelesen ist. Der Roman „Unter Wasser Nacht“ von Kristina Hauff ist wirklich ein besonderes Werk, das mich total in seinen Bann gezogen hat. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die seit langem befreundeten Paare Bodo und Inga und Sophie und Theis. Sie kennen sich schon seit Studienzeiten und lebten als Nachbarn einige Jahre nebeneinander in ländlicher Idylle, bevor sich ein tragisches Unglück ereignete. Aaron, der Sohn von Sophie und Theis ertrank unter ungeklärten Umständen in der Elbe. Seitdem kann Sophie es nicht mehr ertragen, dass das Familienleben von Inga und Bodo mit ihren beiden Kindern unverändert weitergeht, ihre eigene Welt aber in Trümmern liegt.
Als eine Fremde, die attraktive Mara, plötzlich im Wendland auftaucht, bröckeln die mühsam aufrecht erhaltenen Fassaden bei allen Beteiligten und verschiedene Wahrheiten aus der Vergangenheit kommen ans Licht, die weitreichende Auswirkungen auf das weitere Zusammenleben der Protagonisten haben werden.
Besonders gefallen hat mir die Vielschichtigkeit des Romans. Er ist zugleich Beziehungsgeschichte, Krimi und Familiendrama. Die Autorin spinnt ein Netz aus verschiedenen Handlungssträngen, die aus der Sicht der einzelnen Personen erzählt werden. Dabei stehen die Fragen: Wie starb Aaron?, Können Sophie und Theis ihre Ehe retten? Bekommt die Freundschaft der beiden Paare noch eine Chance? im Mittelpunkt.
Interessant fand ich auch, dass im Laufe der Geschichte offensichtlich wird, dass selbst vor Aarons Tod, die Idylle nur eine Illusion war. Sophie hasst sich dafür, mit der Erziehung des schwierigen Aarons überfordert gewesen zu sein und auch Inga erkennt, dass die Ehe ihrer Eltern nur scheinbar gut funktionierte. Gut gefallen hat mir auch die Zeichnung der Figur „Theis“. Manchmal muss man eben erst etwas Abstand gewinnen, um zu erkennen, was wirklich wichtig für einen ist. Wenn man meint, man hat eine Chance in der Vergangenheit verpasst und versucht, diese nachzuholen, kann man durchaus zu der Erkenntnis kommen, dass man sich einfach weiterentwickelt hat und längst andere Dinge im Leben erstrebenswerter findet. Ein Kompliment möchte ich Kristina Hauff dafür machen, dass sie eine so brillante Erzählerin ist. Sie findet so schöne und passende Worte, dass auch feinste Gefühlsnuancen stimmig beschrieben werden.
Die Umschlaggestaltung finde ich wunderschön. Ich kann mir den Reiher lebhaft vorstellen, wie er majestätisch am Elbufer steht und die Natur beobachtet.
„Unter Wasser Nacht“ wird garantiert eines meiner Lieblingsbücher 2021 sein!