Ein menschliches Schicksal unter dem Brennglas

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Kristina Hauff erzählt in "Unter Wasser Nacht" die Geschichte von Sophie, Thies, Inga und Bodo. Die beiden Paare kennen sich seit ihrer Studienzeit und sind gemeinsam auf einen Hof im Wendland gezogen, wo sie sich Garten, Scheune und einiges mehr teilen. Ihre Kinder, Jella und Lasse bei Inga und Bodo, Aaron bei Sophie und Thies, wachsen gemeinsam auf, spielen und lernen zusammen. Doch die Idylle wird getrübt von Aarons Aggressionen und Ausrastern: Er wird regelmäßig handgreiflich und kommt nur schwer mit anderen Kindern zurecht, egal was eine Eltern auch versuchen, der 11-Jährige bekommt von allen Seiten den Stempel "schwer erziehbar" aufgedrückt und droht, von der Schule verwiesen zu werden. Doch dann kehrt Aaron eines Abends nicht vom Spielen an Fluss zurück und wird zwei Tage später ertrunken aufgefunden: vollständig bekleidet, mit Wunden im Gesicht und einem seinen Eltern unbekannten Armband am Handgelenk. Auch ein Jahr später ist der Todesfall des Jungen nicht aufgeklärt und die Ermittlungen sollen eingestellt werden. Seine Eltern sind verzweifelt und wünschen sich nichts sehnlicher, als endlich Antworten auf ihre Fragen zu finden. Dann taucht eine Fremde im Ort auf und beginnt, sich mit den beiden Familien anzufreunden, aber auch Fragen zu stellen und alte Wunden wieder aufzureißen...

Kristina Hauff erzählt die Geschichte der beiden Familien im Wendland auf eine unglaublich einfühlsame und unaufgeregte Weise. Sie nimmt sich Zeit, das Bühnenbild zu entwickeln, vor dem sich ihre Geschichte entfaltet. Dabei entsteht allerdings nicht ganz die nötige Schwere, um ihre Leser das Gewicht ihrer Erzählung spüren zu lassen. Während einige Figuren, wie Sophie und Thies, im Laufe des Buches immer plastischer werden, bleiben viele andere Charaktere zweidimensional, ohne eigene Vorgeschichte und Bedeutung.
Der Handlungsverlauf und die gewählte Thematik hat mich streckenweise an "Miracle Creek" von Angie Kim erinnert, allerdings konnte "Unter Wasser Nacht" nicht die gleiche soghafte Wirkung und Intensität entwickeln, die mich in Angie Kims Roman so gepackt hat.
"Unter Wasser Nacht" ist ingesamt ein gutes Buch, das unterhält und teilweise auch zum Nachdenken anregt, dem Leser darüber hinaus allerdings nicht viel bieten kann, im Gegenzug aber auch nicht viel vom Leser fordert.