Ein Buch über eine Reise zu sich selbst, übers Spüren, Fühlen, Anlehnen und Loslassen. Großartiges Roman-Debüt!

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Was liegt zwischen zwei sich liebenden Menschen, wenn das eigene Ich fremd wird? Wenn einem bewusst wird, dass sich Lebenspläne nicht kreuzen? Was geht, was bleibt? Was bedeutet es, wenn man sich verloren in einem Ozean wiederfindet und die hohen Wellen des Lebens einem zu verschlingen drohen?

Die Protagonistin, Anfang 30, befindet sich in einer Lebensphase, in der sie vor Entscheidungen steht, die ihr weiteres Dasein prägen. Von ihrer eigenen Biographie überwältigt, stürzt sie sich panisch in die Fluten, ohne dem Verlauf der Gezeiten zu folgen. Unausgesprochenes kommuniziert sie über körperliche Nähe. Es scheint, als würde sie exzessiv nach dieser Verschmelzung streben, denn zwei verschlungene Körper geben ihr Sicherheit und Halt, ermöglichen eine Flucht aus der harten Realität. Sie schwankt zwischen Grenzgängen in Beziehungen. Nähe lässt Grenzen verschwimmen. Tief geglaubte Verbundenheit erlebt hohe Wellengänge. Schmerzvolle Wahrheit sorgt für einen ungeplanten Aufbruch. Sie schafft sich Raum und begibt sich auf eine Reise zu ihrem Selbst. Erkundet fremde Körper, erfährt Nähe und Sprachlosigkeit, die Grenzen wahrt und aufweicht. Gefühle kommen an die Oberfläche, die tief am Meeresboden verborgen waren. Die Protagonistin verliert sich in Bildern, Eindrücken und Erinnerungen aus der Vergangenheit und Zukunft, um nicht im Hier und Jetzt verweilen zu müssen. Gleichzeitig hat sie die Gabe, sich besonders intensiven Momenten hinzugeben, die sie alles vergessen lassen. Sie atmet gegen ihre eigenen Grenzen an bis ihr die Luft wegbleibt und es keine andere Möglichkeit gibt, als aufzubrechen und sich der Realität zu stellen, die gleichzeitig auch Freiheit und Neubeginn bedeutet.

Katharina Schaller ist mit ihrem Debüt-Roman „Unterwasserflimmern“ ein besonderes Werk gelungen, das mich gefesselt hat und intensiv mitfühlen lässt. Sie verwandelt eine selbstbewusste, starke Protagonistin in eine schwankende Frau, die sich gegen einen gesellschaftlich vorgefertigten Lebensweg entscheidet. Die sich auf ein unkonventionelles Leben einlässt, ins Spüren und Fühlen kommt, aus Begegnungen mit Ablaufdatum den größten Schatz ihres Lebens birgt, nämlich sich selbst. Wenn Worte Gefühle wären, dann ist dieses Buch eine tiefgehende Gefühlsexplosion trotz knallhart beschriebener sexueller Ausuferungen. Doch die werden von der Flut weggeschwemmt, wenn man zwischen den Zeilen erkennt, was die Ebbe alles hervorbringt.

"Unterwasserflimmern" von Katharina Schaller ist ein Generationenbuch für Frauen Anfang 30, die nicht gesellschaftlichen Normen entsprechen (wollen) und (noch) auf der Suche nach der richtigen Lebensweise sind. Ein mutiges, gefühlsstarkes Buch, das mich berührt, aufgewühlt und beeindruckt hat.