Das Ende hat mich etwas versöhnt!

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igela Avatar

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Ein junges Mädchen verschwindet spurlos. Everett Walsh und seine Frau Lynn suchen eine Privatdetektivin auf, um das Verschwinden ihrer Tochter Bonnie zu klären. Doch für die Ermittlerin Nora Watts ist es kein Job wie jeder andere. Bonnie ist ihre Tochter, die sie vor Jahren nach einer Vergewaltigung zur Adoption frei gegeben hat.

Seite 12 platzt schon die Bombe, ein vielversprechender Start in diesen Thriller. Leider flachte von da an die Spannung auch schon wieder ab und die Handlung plätscherte ziemlich vor sich hin. Sehr ausschweifend wird die Figur Nora Watts skizziert. Mir war diese Frau ganz und gar nicht sympathisch, doch als ich nach und nach erfahren habe, mit was für Dämonen aus der Vergangenheit sie kämpft, habe ich verstanden warum sie so spröde und kalt ist. Allerdings zeigte sie auch ein paar Züge, die für mich nichts mit dem Charakter, sondern mit einem Manko in der Zeichnung der Figur zu tun hat. Wie erfahren zum Beispiel, dass Nora besondere Fähigkeiten besitzt. Sie sieht dem Gesprächspartner in die Augen und spürt instinktiv , ob er lügt. An und für sich könnte ich diese Fähigkeit noch annehmen. Das Problem ist jedoch, dass sie in diesem Buch nicht wirklich (wenn ich richtig aufgepasst habe, nur ein einziges mal ) eingesetzt wird. Und genau da frage ich mich, warum die Autorin dies erwähnt, wenn sie es dann nicht weiter verfolgt? Weiter hat Nora so Eingebungen wie diese: Sie observiert einen Mann in einem Auto, der seinerseits ein Haus beobachtet. Der Mann isst einen Apfel. Daraus schliesst Nora, dass er kein Polizist sein kann, weil Polizisten während einer Observierung keine Aepfel essen. Das wird so stehen gelassen und als Tatsache, dass der Mann kein Polizist ist, in die Handlung eingebaut.
Im ersten Drittel werden sehr viele Gefühle Noras thematisiert. Einerseits lernt man die Figur kennen, anderseits geht das auch zu Lasten der Handlung und der Spannung. Immer wieder habe ich gestutzt….wie als Nora in ein ihr völlig fremdes Haus spaziert und auf Anhieb und direktem Weg brisantes Material im Keller findet. Genau solche Szenen sind es, die mir doch etwas sauer aufgestossen sind. Ihre Kaltblütigkeit kann ich anhand ihrer Vergangenheit noch entschuldigen ,doch solche "Zufälle" leider nicht.
Der Schreibstil ist spröde und trocken und wie Nora sehr gefühlsarm. Auch hier einige Szenen, die gewollt und konstruiert eingefügt wurden. Nora findet eine Leiche, ihre Reaktion sehr abgebrüht, denn dies beeindruckt sie nicht sonderlich. Doch sie denkt noch während sie vor der Leiche steht an ihre Obdachlosigkeit in der Vergangenheit , was wiederum als Übergang dient und man als Leser wieder ein Stück ihrer Vergangenheit erfährt. Oder sie denkt zusammenhanglos in einem Wald, dass ein Wolf sie überfallen könnte, was den Autor dazu veranlasst die Eckdaten zu dem Spezies Wolf herunter zu leiern. Teilweise sehr übergangslos das Ganze!
Trotz allem hat mich die Geschichte gepackt, und ich wollte unbedingt wissen, was mit Bonnie geschehen ist. Zudem empfand ich tiefes Mitgefühl mit Nora, die Figur war mir zwar nicht sympathisch, doch ihr Schicksal ging mir nahe.
Gegen Schluss wird es doch noch richtig fesselnd und hat mich etwas mit der schwachen ersten Hälfte versöhnt.