Große Pinguinkunde leicht verständlich

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amara5 Avatar

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Das Sachbuch "Unverfrorene Freunde - Mein Leben unter Pinguinen" von Klemens Pütz und Dunja Batarilo ist im Ullstein Verlag erschienen und rund 270 Seiten stark. Der Biologe und Pinguinologe Pütz erforscht seit knapp 30 Jahren die Lebensbedingungen der Vögel und gewährt mit dem Sachbuch erstmals einen lustigen, unterhaltsamen, lehrreichen und auch ernsten Exkurs in seinen Feldforschungsalltag und in das Reich der Pinguine.

Das alles geschieht auf hoch naturwissenschaftlichem Niveau, gespickt mit Geologie, Geographie, Biologie und Ökologie - ergo: man muss sich schon etwas mehr für Ornithologie interessieren als für putzige Pinguin-Bildchen á la "Die Reise der Pinguine", auch wenn das Buch mit zahlreichen Fotos aus Pütz' Privatarchiv bebildert ist. Doch Pütz und seiner Kollegin Batarilo gelingt es hier, den Leser an die Hand zu nehmen und die Pinguinkunde leicht verständlich, mit anschaulichen Beispielen und teils mit sehr keckem Humor und lockerem Sprachstil näherzubringen. "Ich erforsche Pinguine, um sie zu schützen. Elfenbeintürme und die Hierarchien der Universitäten waren nie mein Ding."

So klärt der Pinguinologe im ersten Teil des Buches auf, wie die Vögel an Land ihre Balz-, Paarungs- und Aufzuchtzeit verbringen, wie ihr Brut- und Kolonieverhalten ist und welche tierischen Wohngemeinschaften es gibt - und räumt an dieser Stelle auch gleich mit falschen Mythen auf, denn hier geht es nicht immer putzig sondern auch brutal zu. Untermauert wird die Naturwissenschaft mit Erlebnissen aus Pütz' Forschungsarbeit, seinem Werdegang und kleinen Anekdoten wie seiner Hochzeit unter den tierischen Frackträgern.
Der Sprachstil im ersten Teil ist sehr humorvoll - mir persönlich war es an mancher Stelle sogar zuviel an witzigen Sprachelementen. Abgerundet wird der erste Teil mit der Evolution der Pinguine und deren verschiedenen Arten und wie der Antarctic Research Trust - eine Stiftung, deren wissenschaftlicher Direktor Pütz ist - gegründet wurde.

Im zweiten Teil werden die Pinguine in ihrem Element, dem Wasser, unter die Lupe genommen: Was fressen sie? Wie schwimmen sie so meisterhaft?
Im dritten Teil wird es ernst - das ist auch am Schreibstil zu bemerken, denn da gibt es nicht viel Humorvolles zu berichten: Welchen Gefahren ist der Pinguin ausgesetzt in einer Welt im Wandel? Hier gelingt es Pütz, den Leser gekonnt über Öl- und Plastikverschmutzung, Klimawandel sowie über massive Überfischung und Schleppnetze aufzuklären, ohne dass es langatmig wird! Abgerundet wird das Sachbuch mit guten Nachrichten (z. B. wie Menschen und NGOs Pinguinen helfen) und einer ausführlichen weiterführenden Literaturliste.

Alles in allem ein gelungenes Sachbuch, das einen weiten Bogen spannt und trotz der vielen Informationen und Wissenschaften es schafft, den Leser bei Laune zu halten und ihm einen Gesamtüberblick der Zusammenhänge zu vermitteln. Der Inhalt ist logisch aufgebaut und mit Infokästen unterlegt, so dass man auch viel über den Lebensraum, der Antarktis und Subantarktis, erfährt. Die Umschlaginnenseiten zieren schöne Landkarten.

Klemens Pütz liegt seine Arbeit am Herzen - das ist auf jeder Buchseite zu spüren. Und er macht für diejenigen Lobbyarbeit, die es selbst nicht schaffen, "obwohl sie den Schnabel weitaufreißen."