Liebeserklärung an die Pinguine

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
scarletta Avatar

Von

Der promovierte Meeresbiologe und Pinguinforscher Klemens Pütz schreibt in Zusammenarbeit mit der Journalistin und Autorin Dunja Batarilo ein ebenso fundiertes wie unterhaltsames Buch über die spannenden Seevögel aus der Antarktis. Schon der Wortwitz des Titels: "Unverfrorene Freunde" verweist auf die freche, dreiste Art der Hauptdarsteller und macht Hoffnung auf eine erfrischende Unterhaltung. Beides wird nicht enttäuscht.

Klemens Pütz erforscht die Pinguine in der Antarktis seit fast 30 Jahren, insbesondere acht der 18 Pinguinarten. Er stellt sich dabei als Pragmatiker dar, der nach Wegen der Mitgestaltung sucht, um den Bestand der Pinguine zu erhalten. So schildert er im Buch auch seine Arbeit im Rahmen der Antarctic Research Trust, einer gemeinnützigen Stiftung, die Daten über die Pinguine sammelt, um deren Überlebenschancen zu verbessern.

„Nicht alles, was mit Pinguinen zu tun hat, ist also niedlich - vor allem, wenn wir Menschen involviert sind. [...] Diese Tiere sind so faszinierend, dass die Realität ohnehin spannender ist als jedes Klischee.“

Inhalt
Auf überraschend vergnügliche wie höchst informative Art erfährt der Leser über die Evolution der Pinguine, die verschiedenen Pinguinarten, die Unterschiede in ihrer Lebensweise, ihren Lebensraum, Flora und Fauna. Fotos aus dem Archiv des Forschers verdeutlichen das Erzählte.

Wir schlittern förmlich zusammen mit den Pinguinen an Land, erleben daunennah ihr Leben in der Brutkolonie, wo es auch mal heftig und derb zugehen kann. Dort geht es weiter mit der Beobachtung beim Balzen, Paarung und Brüten, bis sich der Nachwuchs aus dem Ei pellt. Man verliebt sich sofort in das hilflose, "rührend hässliche" Küken und bangt bei der mühsamen Pflege und Aufzucht des Nachwuchses mit.

„Kaiserpinguine haben einen weiten Weg zu den Nahrungsgründen, deshalb nimmt ein Kaiservater zwei Monate Pflichtelternzeit. Gehört, deutsche Wirtschaft? Erst dann kehrt die Mutter zurück, wohlgenährt und mit ordentlich Proviant für das Küken im Bauch.“

Pütz führt so spannend und lebendig sowohl in seinen Forschungsalltag, wie auch in die Methoden der Forschungsarbeit ein, dass fast schon der Geruchssinn beim Lesen angesprochen wird. Der technische Fortschritt lässt mittlerweile auch Einblicke in das faszinierende Leben der Pinguine im Wasser zu. Wovon ernähren sich die einzelnen Arten, wie weit müssen sie dafür schwimmen?

Im dritten Teil des Buches muss ein ernsterer Ton angeschlagen werden. Denn Pinguine zeigen auch auf, wo es im ökologischen System klemmt. Fast überall werden Pinguine weniger, bei zehn Arten ist der Bestand stark gefährdet. Die Gründe dafür liegen meist bei uns Menschen: von der Verschmutzung der Meere durch Öl und Plastik, über die Folgen des Klimawandels, des Tourismus und der Überfischung der Meere Das Buch legt sie umfangreich offen und bietet auch Lösungswege an.

„Denn nur was man liebt, das schützt man auch. In diesem Sinne schreibe ich auch dieses Buch: Wer die Zusammenhänge versteht, der kann auch dementsprechend handeln. Denn Pinguine brauchen Freunde - nicht nur auf YouTube.“

Fazit
Selten habe ich so ein zugleich spannendes, unterhaltsames und witziges Sachbuch gelesen, das auf leicht verständliche Art zugleich soviel wissenschaftlich fundierte Sachinformationen bietet. Die Pinguine sind mir sogleich ans Herz gewachsen, da ich nun so viel über ihre Lebensweise erfahren habe. Mit wieviel Leidenschaft und Herzblut das Buch geschrieben wurde, teilt sich unmittelbar mit.

Die Darstellung ihrer Gefährdung und der Gründe dazu finde ich sehr umfangreich, kompetent und bewegend . Es motiviert zugleich, sich für die Vermeidung von Plastik im Alltag und den Schutz der Meeresbewohner einzusetzen. Die Informationen hallen noch lange nach.

Die Graphik über die Verteilung der verschiedenen Pinguinarten auf der Südhalbkugel hätte ich mir gern mindestens zwei Nummern größer gewünscht, vielleicht auch eine Bilderreihe aller Pinguinarten nebeneinander. Dafür bietet das Buch im Einband informative Karten über die Antarktis. Wie man sieht, ist mein Wissensdurst durch das Buch noch angestachelt worden. Wie praktisch, dass sich am Ende noch Listen weiterführender Literatur und Websites zu den Themen Pinguine, Antarktis, Fischerei, Meer und Plastik anschließen.

Die Pinguine sind nun auch meine unverfrorenen Freunde geworden.